Umfrage : Mehrheit der Amerikaner traut Biden gute Außenpolitik zu
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Die Teilnehmer des digitalen G-7-Gipfels im Februar auf einem Bildschirm in Brüssel Bild: EPA
Joe Biden surft nach seinem Amtsantritt weder auf einer Euphoriewelle wie Barack Obama, noch schlägt ihm so viel Skepsis wie Donald Trump entgegen. Viele Amerikaner bleiben ob seines Umgangs mit dem Weltgeschehen skeptisch.
Amerikas 46. Präsident sitzt noch nicht lange im Weißen Haus. Den Amtseid legte Joe Biden vor etwas mehr als einem Monat ab, sein erster internationaler Auftritt, pandemiebedingt digital auf der Münchner Sicherheitskonferenz, liegt noch keine Woche zurück. Damit ist es noch nicht zu spät, die Erwartungshaltungen an Amerikas neuen Präsidenten zu erfragen. Das renommierte Washingtoner Umfrageinstitut Pew Research Center hat in der ersten Februarwoche 2.596 Amerikaner gefragt, wie stark ihr Vertrauen in Joe Biden ist. Die Ergebnisse, die an diesem Donnerstag vorgestellt wurden und der F.A.Z. vorab vorlagen, ergeben ein gemischtes Bild.
Auf der einen Seite trauen Joe Biden deutlich mehr Amerikaner zum Amtsantritt einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Weltgeschehen zu als vor vier Jahren Donald Trump. Biden vertrauen 60 Prozent der Befragten, bei Trump waren es nur 46 Prozent. Auf der anderen Seite wird der neue Amtsinhaber offenkundig von keiner vergleichbaren Euphoriewelle getragen wie Barack Obama, als der 2009 George W. Bush ablöste. Damals trauten dem neuen Präsidenten knapp drei Viertel der Amerikaner einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Weltgeschehen zu.
Größtes Problem: China
Die Ergebnisse der Pew-Umfrage dokumentieren weiterhin, dass die Amerikaner mit Blick auf die außenpolitischen Fähigkeiten ihres neuen Präsidenten unterschiedlicher Meinung sind. 88 Prozent der Demokraten und ihnen zuneigenden Befragten haben in dieser Hinsicht einen hohe Meinung von Biden. Bei den Republikanern und ihnen nahestehenden Personen sind es nur 27 Prozent. Dass die Ergebnisse mit der allgemeinen Spaltung der amerikanischen Gesellschaft zusammenhängen, ist eine naheliegende Erklärung. Allerdings weisen die Pew-Forscher darauf hin, dass entsprechende Unterschiede zwischen den Meinungen der beiden Lager auf die jeweiligen Präsidenten deutlich hinter die Ära Trump zurückbleiben. Verglichen mit dem Amtsantritt Donald Trumps fällt die Spaltung sogar etwas geringer aus. Während vor vier Jahren gerade einmal 16 Prozent der Demokraten Trump zutrauten, auf der weltpolitischen Bühne klug zu agieren, halten nun 27 Prozent der Republikaner Biden dafür für fähig.
Am größten ist die Zuversicht der Amerikaner, dass Joe Biden die Beziehungen zu den Verbündeten der Vereinigten Staaten reparieren kann. Zwei Drittel der Befragten trauen ihm das zu. Rund sechs von zehn Befragten glauben zudem, dass er Terrorismus effektiv bekämpfen wird, den Klimawandel bremsen, durchdachte Entscheidungen über den Einsatz amerikanischer Truppen fällen und gute Entscheidungen über den internationalen Handel fällen kann. Am geringsten fällt das Vertrauen bei Amerikas größtem Herausforderer aus, den Biden auch wiederholt in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz erwähnte: China. Effektives Handeln gegenüber dem Reich der Mitte trauen Biden gerade einmal knapp mehr als die Hälfte der Befragten zu – 53 Prozent.
Die Tendenz spiegelt sich in ziemlich ähnlicher Weise auch bei den Anhängern der beiden Parteien wider. Das Vertrauen in Biden als Reparateur der Bündnisbeziehungen ist bei Republikanern (37 Prozent) und Demokraten (93 Prozent) am größten, im Falle Chinas mit 19 beziehungsweise 83 Prozent am geringsten.
Einigkeit herrscht über die Parteigrenzen hinweg in der Frage, welche Rolle die Vereinigten Staaten in der Welt spielen sollen. 78 Prozent der Befragten sehen ihr Land in einer Führungsrolle, die sie mit anderen Staaten teilen soll. Jeder Zehnte wünscht sich eine unilaterale Führungsrolle, weitere zehn Prozent keine Führungsrolle. Die Zahlen sind insofern bemerkenswert, als sie sich seit Beginn der Pew-Befragung im Jahr 1993 trotz aller zwischenzeitlichen Veränderungen kaum verändert haben.
Uneinigkeit herrscht hingegen in der Frage, welche Schlüsse die neue Regierung daraus ziehen sollte. 50 Prozent der Befragten geben an, dass sich die Vereinigten Staaten stärker auf die Probleme im eigenen Land als in Übersee konzentrieren sollten. Im republikanischen Lager teilen die Sicht zwei von drei Befragten, im demokratischen Lager befürwortet ein ebenso hoher Anteil eine aktivere Rolle in der Welt.
Der Wunsch nach einer stärkeren Fokussierung auf die Vereinigten Staaten mag auch mit den Problemen zusammenhängen, mit denen sich die meisten Amerikaner konfrontiert sehen. Als wichtigste Priorität sehen drei Viertel der Befragten den Schutz von Jobs in Amerika, gefolgt von Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie und zum Schutz vor Terrorangriffen in den Vereinigten Staaten (71 Prozent). Andere Probleme scheinen demgegenüber für viele nachrangig. Den Umgang mit dem Klimawandel etwa halten nur 44 Prozent für eine Top-Priorität.