
Kommentar zu Trump : In Obamas Fußstapfen
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Unberechenbar: Amerikas Präsident Donald Trump Bild: AP
Überraschend ist Trumps Rückzug aus Syrien nur auf den ersten Blick – vielmehr zeigt sich eine neue Kontinuität in der amerikanischen Außenpolitik. Berlin täte gut daran, sich auf den nächsten amerikanischen Abzug einzustellen.
Einerseits hat Donald Trump durchaus Anlass, sich über Kritiker zu mokieren, die seinen abrupten Befehl zum Abzug aus Syrien „überraschend“ nennen. Denn der Präsident hat die Heimkehr der Amerikaner seit langem versprochen. Selbst als er es sich vor Monaten noch einmal ausreden ließ, Russen, Iranern, Türken, Dschihadisten und Assads Regime das Schlachtfeld zu überlassen, machte der Präsident kein Hehl aus seinen Zweifeln am Sinn der Mission. Andererseits schlug seine Regierung vom Pentagon bis zum State Department zuletzt völlig andere Töne an. Auch der Nationale Sicherheitsberater John Bolton gab Durchhalteparolen aus: Amerika werde in Syrien nicht weichen, bis der letzte Iraner das Land verlassen habe. Für Washingtons Partner lautet die Lektion wieder einmal: Was schert Trump das Geschwätz seiner Minister?
Wann hat zuletzt ein amerikanischer Oberbefehlshaber so einsam eine so folgenschwere Entscheidung dieser Art gefällt? Antwort: im August 2013. Das betroffene Land hieß auch damals Syrien, der Präsident aber hieß Barack Obama – und dessen Stab konnte nur staunen, als der Präsident von einem Spaziergang mit dem Entschluss wiederkehrte, nach dem Giftgaseinsatz Assads seine „rote Linie“ doch nicht militärisch durchzusetzen. Wenn Trump es auch nicht wahrhaben will: Wann immer er den Primat des „Wiederaufbaus zu Hause“ beschwört oder ärgerlich die Rolle des „Weltpolizisten“ abschüttelt, wandelt er in Obamas Fußstapfen. Damit folgt er einem Präsidenten, der nach zwei Amtsjahren freudig den Abzug der letzten Amerikaner aus dem Irak verkündete und danach übersah, wie sich dort der IS ein „Kalifat“ eroberte.
Zwar wäre ein Barack Obama nicht so dummdreist wie Trump, den Rückzug aus Syrien in Umkehrung der Wirklichkeit zu einer Last für Iran, Russland und Assad zu erklären, die nun ohne amerikanische Hilfe den (angeblich doch bereits besiegten) IS bekämpfen müssten. Dennoch zeichnet sich klarer denn je eine neue Kontinuität amerikanischer Außenpolitik ab, die sich kein Herr im Weißen Haus von Ermahnungen eines deutschen Außenministers austreiben lassen wird. Das „überraschte“ Berlin täte gut daran, sich auf die nächste Etappe einzustellen. Denn wer wollte wetten, dass Trump noch lange seiner Intuition trotzt und amerikanische Soldaten in Afghanistan belässt?

Verantwortlicher Redakteur für politische Nachrichten und Politik Online.
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