https://www.faz.net/aktuell/politik/von-trump-zu-biden/designated-survivor-notfall-praesidenten-gibt-es-tatsaechlich-14696072.html

„Designated survivor“ : Der Notfall-Präsident

Kiefer Sutherland als Wohnungsbauminister Thomas Kirkman, der nach einem Terroranschlag auf das Kapitol als „designated survivor“ über Nacht zum Präsidenten wird Bild: AP

Wenn Donald Trump vereidigt wird, wird ein Mann die Zeremonie an einem geheimen Ort fernab von Washington verfolgen. Er ist wichtiger, als man denkt: Im Ernstfall würde er der nächste amerikanische Präsident.

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          Für Tom Kirkmann ist es eher ein lästiger Abend: Während der Präsident und sein gesamtes restliches Kabinett bei der Rede zur Lage der Nation im Kapitol versammelt sind, muss der amerikanische Wohnungsbauminister gemeinsam mit seiner Frau an einem geheimen Ort ausharren und darf die Rede nur am Fernseher verfolgen. Kirkmann, gespielt von Kiefer Sutherland, ist der „designated survivor“ (der „designierte Überlebende“); ein vorher ausgewähltes Kabinettsmitglied, das bei wichtigen Anlässen wie der „State of the Union“ oder bei der Vereidigung eines Präsidenten sicherheitshalber isoliert wird, damit im Falle eines verheerenden Anschlags die Präsidentennachfolge geregelt ist.

          Oliver Georgi
          Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          In der vom amerikanischen Sender ABC  produzierten Fernsehserie „Designated Survivor“, die vor einigen Wochen angelaufen ist, kommt es wie es kommen muss: Eine gewaltige Explosion erschüttert kurz darauf das Kapitol; ein Terroranschlag, bei dem scheinbar alle Anwesenden getötet werden. Von jetzt auf gleich ist Kirkmann, eigentlich ein Hinterbänkler, der kurz vor der Entlassung durch den Präsidenten stand, der oberste Befehlshaber und wird wenige Stunden später im Weißen Haus vereidigt – mit allen Problemen, die diese Extremsituation mit sich bringt. Er ist führungsschwach, unerfahren und hat alle Hände voll zu tun, sich in seine neue Rolle als mächtigster Mann der Welt einzufinden.

          Natürlich ist das bloß Fernsehen – doch die Fiktion beruht auf einer wahren Tatsache. Denn einen „designated survivor“ gibt es in der amerikanischen Politik tatsächlich. Wohl schon seit den 1960er Jahren, als in der Hochphase des Kalten Kriegs die Angst vor einem atomaren Angriff stets präsent war, ernennt der amtierende Präsident bei jedem wichtigen Anlass, bei dem er selbst, sein Vizepräsident, das Kabinett und die Mitglieder des Kongresses zeitgleich an einem Ort zusammenkommen, ein Kabinettsmitglied, das an einem geheimen Ort untergebracht wird und im schlimmsten Fall verfassungsgemäß die Geschäfte fortführen könnte.

          Äußerst geheime Staatsangelegenheit

          Zu solchen Anlässen zählen die „State of the Union“, die Rede zur Lage der Nation, Ansprachen des Präsidenten vor beiden Häusern des Kongresses oder, seit 2005, auch die Amtseinführung eines neuen Präsidenten wie am Freitag bei Donald Trump. Dabei gelten für den potentiellen Notfall-Präsidenten die gleichen Voraussetzungen wie für den gewählten: Er muss mindestens 35 Jahre alt und in Amerika geboren worden sein. Wie man sich vorstellen kann, ist der „designated survivor“ eine äußerst sensible Staatsangelegenheit. Erst in den 1980er Jahren begann das Weiße Haus damit, die jeweiligen Kandidaten im Nachhinein öffentlich zu machen.

          Festlich geschmückt: Das Kapitol in Washington am 10. Januar 1993 vor der Amtseinführung Bill Clintons. In den letzten Jahren wurde bei solchen Gelegenheiten ein „designated survivor“ bestimmt.
          Festlich geschmückt: Das Kapitol in Washington am 10. Januar 1993 vor der Amtseinführung Bill Clintons. In den letzten Jahren wurde bei solchen Gelegenheiten ein „designated survivor“ bestimmt. : Bild: Picture-Alliance

          Die Machtfolge ist in der amerikanischen Verfassung im „Presidential Succession Act“ von 1947 genau festgelegt: Stirbt ein amtierender Präsident, geht die Regierungsgewalt auf den Vizepräsidenten über, danach auf den Sprecher des Repräsentantenhauses, im Moment den Republikaner Paul Ryan, danach auf den „president pro tempore“ des Senats, der dessen zweithöchstes Mitglied und ranghöchster Senator ist. Sind alle diese Politiker ebenfalls tot, geht die Macht auf die Kabinettsmitglieder über, in der Reihenfolge des Gründungsdatums ihrer Ministerien. Das heißt, zuerst auf den Außenminister (das Ministerium wurde 1789 gegründet), dann auf den Finanzminister, danach auf den Verteidigungsminister (ebenfalls 1789), die übrigen Ministerien reihen sich dahinter ein. Stehen auch diese Politiker alle nicht mehr zur Verfügung, kommt der „designated survivor“ ins Spiel.

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