Bolton droht Iran : Ein 100.000-Tonnen-Bluff?
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Der amerikanische Flugzeugträger U.S.S: Abraham Lincoln (CVN-72) passiert am 13. April 2019 die Straße von Gibraltar in Richtung Mittelmeer. Bild: Reuters
Flugzeugträger sind Sinnbild von Amerikas militärischer Stärke. Wenn Washington sie in Marsch setzt, kann das Gegner in Angst und Schrecken versetzen. Im jüngsten Fall dürfte es aber kaum gelingen.
Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten sind die stärksten der Welt. Kein Gegner verfügt über annähernd so viel Geld und moderne Waffensysteme. Washington kann militärisch rund um den Erdball in einer Stärke agieren wie niemand sonst. China und Russland eingeschlossen. Und nichts symbolisiert diese Stärke mehr als Amerikas Flugzeugträger. Über elf dieser 100.000 Tonnen schweren und viele Milliarden Euro teuren schwimmenden Städte verfügt die Navy. An Bord: Tausende Soldaten, moderne Kampfflugzeuge und Marschflugkörper. Im Geleit: Weitere Kriegsschiffe und U-Boote, die die gewaltigen Schiffe schützen. Kurz: Sich mit einem Flugzeugträger und seiner Kampfgruppe anzulegen käme für die meisten Streitkräfte einem Selbstmordunternehmen gleich. Gegnerische Regierungen, vor deren Küsten die Schiffe kreuzen, lassen sich so mächtig beeindrucken und manches politische Zugeständnis abtrotzen. Häufig jedenfalls.
Auf den ersten Blick scheint die Mitteilung von Donald Trumps nationalem Sicherheitsberater John Bolton genau das bezwecken zu wollen. Bolton hatte am Sonntag angekündigt, dass die amerikanische Regierung die U.S.S. Abraham Lincoln und die sie begleitende Flugzeugträgerkampfgruppe in den Nahen Osten entsenden werde. Auch eine Bomberstaffel werde in die Region verlegt. Das Ganze sei eine Reaktion auf beunruhigende „Hinweise und Warnungen“ aus Iran. Man werde gegen jeden Angriff mit „unnachgiebiger Gewalt“ reagieren und Vergeltungsmaßnahmen ergreifen. Es gebe Hinweise darauf, dass iranische Kräfte und ihre Verbündeten die amerikanischen Kräfte in der Region angreifen würden. Iran hatte zuletzt damit gedroht, die Straße von Hormuz zu blockieren. Die Meerenge verbindet den Persischen Golf mit den Weltmeeren. Rund ein Fünftel des globalen gehandelten Öls wird durch sie hindurch transportiert.
Auch wenn an der militärischen Schlagfähigkeit der Flugzeugträgerkampfgruppe und amerikanischen Bomber kein Zweifel besteht, so ist es dennoch fraglich, ob die Worte Boltons in Teheran tatsächlich Eindruck schinden können. Das hat zwei Gründe.
Zunächst einmal hat die Regierung Trump in der Vergangenheit gezeigt, dass ihre Flugzeugträger nicht immer jene Taten folgen lassen, die zuvor mit Worten angekündigt worden waren. Als sich der Nordkorea-Konflikt im April 2017 zuspitzte, kündigte Präsident Trump an, dass der amerikanische Flugzeugträger U.S.S. Carl Vinson in das Japanische Meer entsandt werde. Tatsächlich fuhren die Vinson und drei weitere Kriegsschiffe ihrer Kampfgruppe zu der Zeit in die entgegengesetzte Richtung, um an einem Manöver im Indischen Ozean teilzunehmen – rund 3500 Seemeilen von der koreanischen Halbinsel entfernt.
Hinzu kommt, dass die Präsenz eines amerikanischen Flugzeugträgers vor der Haustür Irans die Regel ist, nicht die Ausnahme. Vieles deutet darauf hin, dass die Lincoln sich gerade ohnehin auf dem Weg in die Region befindet. Auch wenn nur bekannt ist, dass sie dem amerikanischem Zentralkommando unterstellt wird. Es ist für den Nahen Osten ebenso zuständig wie für Zentralasien und Ostafrika. Gegenwärtig befindet sich in jedem Fall kein anderer amerikanischer Flugzeugträger im Persischen Golf. Boltons Worte dürften also – wenn überhaupt – den Weg der Lincoln vor die Haustür Irans beschleunigen. Mehr nicht. Auch die Wirkung einer nicht näher spezifizierten Verlegung weiterer Kampfflugzeuge in die Region ist unklar. Die amerikanischen Luftstreitkräfte unterhalten – ähnlich wie die Navy – eine ohnehin umfangreiche Präsenz in der Region. Rotationen der dort stationierten Verbänden sind die Regel.
Für Teheran bräuchte es also vermutlich mehr, um unruhig zu werden. Vielleicht eines weiteren Flugzeugträgers. Dafür aber gibt es keine Anzeichen. Die U.S.S. John C. Stennis durchfuhr am Montagmittag die Straße von Gibraltar – in entgegengesetzter Richtung.