Amerikanische Vorwahlen : Schock – es ist Trump!
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Nun ist es offenbar wirklich nicht mehr zu verhindern: Donald Trump tritt für die Republikaner an, vermutlich gegen Hillary Clinton. Wer jetzt glaubt, Clinton werde mit Trump leichtes Spiel haben, könnte noch sein blaues Wunder erleben. Ein Kommentar.
War’s das? Es sieht ganz danach aus. Auch im Bundesstaat Indiana, in dem sich sein Rivale Ted Cruz gute Chancen ausgerechnete hatte – oder die Fachleute das für ihn getan hatten –, hat Donald Trump gewonnen, und zwar klar, haushoch. Weil der ungeliebte, zum Teil regelrecht verhasste texanische Senator, der einzige „wahre“ Konservative, der noch im Rennen war, danach das Handtuch geworfen hat, hebt dieser Sieg den populistischen Immobilienmilliardär in den Rang des faktisch nicht mehr zu vermeidenden Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Diese Vorstellung, über die die Parteiführung vor einem halben Jahr allenfalls gelacht hätte, so abstrus wäre sie ihr vorgekommen, jagt ihr nun, da sie wahr wird, Schauer des Entsetzens über den Rücken.
Daran ist vermutlich nicht mehr zu rütteln, von einem „Gegenputsch“ einmal abgesehen: Donald Trump zieht in den Kampf um den Einzug ins Weiße Haus! Gegen die Demokratin Hillary Clinton? Das ist noch immer wahrscheinlich. Aber der früheren Außenministerin gelingt es einfach nicht, ihren Konkurrenten Bernie Sanders so abzuschütteln, dass der die vermeintliche Aussichtslosigkeit seines Unterfangens einsieht und aufgibt. Der Senator aus Vermont und selbsternannte Sozialist hatte entgegen Umfragen auch in Indiana die Nase vorn. Er wird bis zum Wahlparteitag Ende Juli nicht aufgeben und versuchen, das Wahlprogramm der Partei so weit nach links zu schieben wie irgend möglich.
Mutmaßungen, dass Clinton gegen Trump im November leichtes Spiel haben werde – weil ihr Rivale nicht wählbar sei, weil er zu viele Wählergruppen brüskiert hat, weil er simplistische Lösungen für eine komplizierte Welt anbietet und so weiter –, sind auf der einen Seite plausibel. Aber was heißt das schon in einem Wahljahr, in dem die Fachleute und Wahlforscher mit ihren Prognosen immer wieder daneben lagen?
Bei den Republikanern sind die Wächter des traditionellen Konservatismus davongejagt worden von (weißen) Wählern, die von einem beispiellosen Anti-Establishment-Furor beseelt sind und lieber den Lockrufen eines autoritären Populismus folgen wollen. Die Partei wird jetzt zusehen, wie sie zu irgendeiner Geschlossenheit findet, die innere Zerrissenheit überbrückt und die moderateren Kräfte davon abhält zu desertieren. Die populistische Aufwallung bei den Demokraten ist anderer Natur und hat eine andere Stoßrichtung. Aber auch dort ist die Assoziation mit dem Parteiapparat oder mit dem „System“ ein potentieller Malus, den sich ein Außenseiter wie Sanders in beachtlichem Maße zunutze gemacht hat.
Amerika befindet sich im Aufruhr
Große Teile der amerikanischen Bevölkerung befinden sich in Aufruhr. Einige wenige Stimmen warnten schon vor Monaten, die Chancen Trumps nicht zu unterschätzen angesichts einer Grundstimmung, mit den politischen Eliten abrechnen zu wollen. Und eine solche Stimmung, die politische und wirtschaftliche, soziale und kulturelle Gründe hat, macht sich auch in anderen westlichen Ländern bemerkbar, ja, sie schwillt an. In Frankreich wird im kommenden Jahr ein neuer Präsident gewählt. Wie wird wohl die Vorsitzende des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, abschneiden? Und wird in Deutschland die AfD ihre Erfolge der vergangenen Monate bei der Bundestagswahl 2017 fortsetzen können?
Wer das leichtfertig abtut, könnte ein blaues Wunder erleben. Die amerikanischen Eliten erleben das ihre soeben. Es ist ein Schockerlebnis.