Versicherungen : Umweltkatastrophen sind teuer
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Rückversicherer sind die Seismographen für den Klimawandel. Die Schadensfälle aus Naturkatastrophen nehmen deutlich zu.
Die Anzahl der Naturkatastrophen nimmt zu. Das berichtet die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft in ihrer Publikation "topics 2000". Und nicht nur das: Die Experten bestätigen, was kritische Geister schon seit Anfang der achtziger Jahre behaupten: "Die Auswirkungen der Klimaveränderungen zeigen sich immer deutlicher!" Gerhard Berz, Chef der Forschungsgruppe Geowissenschaften der Münchner Rück, sagt das und ergänzt: "Wir sehen einen langjährigen Trend steigender Schäden aus Naturkatastrophen."
Klimaveränderung spürbar
Klimaveränderungen spielen nach Ansicht der Experten eine Rolle für die Schadenszunahme. Andere Gründe sind Bevölkerungsentwicklung und Städtewachstum. Immer mehr Menschen auf einem eng begrenzten Stadtgebiet erhöhen im Falle einer Naturkatastrophe die Schadenssumme. Gleichzeitig tragen Bausünden, etwa die Erschließung von Industrie- und Wohnanlagen in katastrophenexponierten Gebieten (Erdbeben- und Sturmflutanfälligkeit), auch zum Trend bei.
Astronomische Schadenssummen
Neben der menschlichen Tragödie geht es bei Großkatastrophen um Schadenssummen in astronomischer Höhe. "Hurricane Andrew" löste 1992 bei den Versicherern Schadenszahlungen von rund 34 Milliarden Mark aus. Dem internationalen Versicherungs- und Rückversicherungssystem ist es zu verdanken, dass die Last gestreut wurde. Rückversicherer übernehmen meist das Hauptrisiko - deshalb schauen die Betriebsexperten auch sehr genau auf die Schadensentwicklungen.
Rückversicherer als Seismograph
Rückversicherer sind damit die idealen Seismographen für die Entwicklung bei Umweltkatastrophen. Sie versichern "rück", was Erstversicherer wie etwa die Allianz alleine nicht tragen könnten. Allein im Jahr 1999 entstanden durch Stürme, Überschwemmungen und Erdbeben volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von rund 200 Milliarden Mark. Für rund ein Fünftel musste die Versicherungswirtschaft aufkommen. Der Rest war nicht versichert, weil die so genannte Elementar-Versicherung bislang noch wenig verbreitet ist. Sie muss neben der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung ergänzend abgeschlossen werden und bietet finanziellen Absicherung gegen Schäden durch Hochwasser, Erdrutsch oder Lawinen. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: In Gebieten wie der Kölner Altstadt, wo Überschwemmungen vorhersehbar sind, wollen die Versicherer das Risiko nicht tragen.
Kapitalmarkt übernimmt durch Anleihen Teilrisiko
Katastrophenversicherungen sind ein Wachstumsmarkt. Allerdings schafft die Konkurrenz auch einen Prämiendruck. Die Folge: Rückversicherer streuen das Risiko nicht mehr nur untereinander, sondern beziehen den Kapitalmarkt mit ein. Die Emission von so genannten "Cat Bonds" gehört dazu. Bei diesen Anleihen wird im Emissionsprospekt ein mögliches Katastrophenszenario genau definiert - beispielsweise das Eintreten eines Hurrikans in einem bestimmten Gebiet. Kommt es zur Katastrophe, dann fällt die Zahlung der Zinsen oder gar die Rückzahlung der Anleihe aus. Dieses Anlegerrisiko wird kompensiert durch einen überdurchschnittlich hohen Kupon auf die Anleihe. Investoren spekulieren also auf das Nichteintreten von Naturkatastrophen.
Reisewetterversicherung?
In den USA ist man beim Risikomanagement noch weiter gegangen: Wetterhedging heißt das Stichwort: Landwirte oder Vertreter der Touristikbranche können sich über Optionsscheine gegen die Unbill der Natur absichern. Doch die Definition von "schlechtem Wetter" ist schwierig wie die Allianz schon 1953 feststellte: Ihre "Reisewetterversicherung" schaffte die Allianz nach einiger Zeit wieder ab, weil immer häufiger mit den Versicherten darüber gestritten wurde, ob zwei Tage mit bewölktem Himmel eine Entschädigung für schlechtes Wetter rechtfertigen würde.