
Verbrechen in Berlin : Diskurse
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Tödlichen Überfällen wie dem auf dem Berliner Alexanderplatz folgt meist der Appell zu mehr Zivilcourage. Das ist ein anderes Wort für politisches Schulterzucken.
Es hilft nach tödlichen Überfällen wie dem auf dem Berliner Alexanderplatz herzlich wenig, an die Zivilcourage der Bürger zu appellieren. Solche Appelle an gesellschaftliche Mutproben sind zum Ritual geworden, das aus politischem Schulterzucken resultiert.
Auch dem Bundespräsidenten fiel jetzt bei seinem „Antrittsbesuch“ im Roten Rathaus an der Seite Klaus Wowereits nicht viel mehr dazu ein. Gehörte aber zur „Kultur des positiven Diskurses“, wie Gauck ihn fordert, nicht auch einmal ein klares Wort? Über mangelnde Ausstattung, fehlende Präsenz, technische Unterversorgung, notorische Personalnot der Polizei? Über gesetzgeberische Lahmheit? Über Verdächtigungen, wie sie in der NSU-Affäre schon zum guten Ton gehören? Über die alltägliche Verachtung der Polizei, über Versäumnisse und die tolerierte Gleichgültigkeit gegenüber der Polizei gerade derer, die über Jahre Berlin regiert haben?
Wenn es eines Tages wieder einen Politiker in Deutschland geben sollte, der einen solchen „Diskurs“ führen kann, dürfte er es sich auch leisten, die Berliner Polizei für übertriebene Härte gegen einen mit Messern und einem Beil bewaffneten Mann zu kritisieren. Alles andere ist Prügelknaben-Diskurs.
