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FAZ.NET exklusiv : Mehr Deutsche für höhere Verteidigungsausgaben

Der Schützenpanzer „Marder“ fährt beim Manöver „Trident Juncture“ in seine Stellung bei einem Bauernhof. Bild: Marco Dorow/Bundeswehr/dpa

Für die Verteidigung darf die Regierung gern mehr Geld ausgeben, finden immer mehr Deutsche laut einer Umfrage. Doch ihre Zustimmung zu einem stärkeren Engagement der Bundeswehr in internationalen Krisen ist rückläufig.

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          In Deutschland sprechen sich, anders als noch im Vorjahr, mehr Menschen für höhere Verteidigungsausgaben aus als für die Beibehaltung des bisherigen Niveaus. Einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben stimmen heute 43 Prozent der Deutschen zu, das sind elf Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Der Anteil derer, die für die Beibehaltung der bisherigen Rüstungsausgaben plädieren, ging in dem Zeitraum hingegen von 51 Prozent auf 40 Prozent zurück. Die Ausgaben senken wollen 14 Prozent, ein Prozentpunkt weniger als ein Jahr zuvor.

          Lorenz Hemicker
          Redakteur in der Politik

          Das geht aus der einer repräsentativen Meinungsumfrage von Kantar Public im Auftrag der Körber-Stiftung hervor, die an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt wird und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorab vorliegt. Die Umfrage wurde zwischen dem 13. und 26. September durchgeführt.

          Damit dürfte eine relative Mehrheit der Deutschen die Entscheidung der großen Koalition gutheißen, im kommenden Jahr deutlich mehr Geld für Verteidigung auszugeben. So sind im Bundeshaushalt 2019 für den Wehretat 43,2 Milliarden Euro vorgesehen, nach 38,5 Milliarden Euro im laufenden Jahr.

          Union und SPD hatten monatelang darüber gestritten und schließlich die Erhöhung beschlossen. Dabei schwankt die Zustimmung zwischen den Anhängern der im Bundestag vertretenen Parteien beträchtlich. Bei den Wählern von AfD und FDP sprechen sich jeweils knapp zwei Drittel für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben aus, bei den Grünen und der Linken ist es nicht einmal jeder Dritte. Die Wähler der Union und SPD liegen in etwa im Durchschnitt.

          Die Notwendigkeit für höhere Militärausgaben mag angesichts des desolaten Zustands der Bundeswehr, der Bündnisverpflichtungen und sicherheitspolitischer Herausforderungen wachsen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Deutschen ihr Land stärker in internationalen Krisen engagiert sehen wollen. Leicht rückläufig ist daher die Zustimmung für solche Bekenntnisse, die deutsche Regierungen seit 2014 mantraartig wiederholen. 41 Prozent der Deutschen unterstützen dieses außenpolitische Ziel, das sind zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Zugleich stieg der Anteil jener, die für Zurückhaltung plädieren, von 52 Prozent auf nun 55 Prozent.

          Eine Rolle spielen dabei Herkunft und Geschlecht sowie Alter und Parteipräferenz. Westdeutsche unterstützen eine aktivere Rolle Deutschlands bei internationalen Krisen eher als Ostdeutsche, Männer eher als Frauen, Jüngere eher als Ältere. Auslandseinsätze der Bundeswehr befürwortet eine Mehrheit von 52 Prozent unter den 18 bis 34 Jahre alten Deutschen, die mit solchen Auslandseinsätzen aufgewachsen sind. Bei den Befragten im Alter von mehr als 65 Jahren ist es hingegen nicht einmal jeder Dritte. Die größte Unterstützung findet sich bei den Anhängern einer Oppositionspartei: So plädieren 57 Prozent der Grünen für ein stärkeres deutsches Engagement, aber nur 38 Prozent für Zurückhaltung. Noch im vergangenen Jahr hatten sich unter den Anhängern der Grünen Befürworter und Gegner mit je 48 Prozent die Waage gehalten.

          Diese grundsätzlichen Haltungen sagen nicht viel über die konkrete Ausgestaltung eines solchen Engagements aus. Schließlich kommt für internationale Krisen grundsätzlich das gesamte außen- und sicherheitspolitische Instrumentarium von diplomatischen Aktivitäten über Entwicklungshilfe bis hin zum robusten Einsatz von Streitkräften infrage. Ob sich viele Anhänger der Grünen für Auslandsmissionen der Bundeswehr einsetzen würden, darf mit Blick auf die unter ihnen verbreitete Skepsis gegenüber höheren Verteidigungsausgaben bezweifelt werden. Bei AfD-Wählern fällt eine hohe Bereitschaft zu mehr Militärausgaben mit einer ausgesprochen großen Skepsis hinsichtlich stärkeren deutschen Engagements in internationalen Krisen zusammen. 82 Prozent sind strikt dagegen, nur 14 Prozent signalisieren Zustimmung.

          Vielfältig sind die Gründe dafür, warum sich viele Deutsche nach wie vor gegen ein stärkeres internationales Engagement wehren: zwei verlorene Weltkriege, der Holocaust, die daraus folgende – und lange auch komfortable – sicherheitspolitische Zurückhaltung, bittere Erfahrungen in Auslandseinsätzen vor allem am Hindukusch, schließlich die Rolle als Europas Wirtschafts-Supermacht mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten weltweit.

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