Ukraine-Liveblog : Russische Armee meldet schwere Kämpfe in Saporischschja und Donezk
Orichiw im Oblast Saporischschja: Ein Anwohner fährt mit dem Fahrrad an einem Haus vorbei, das bei einem Luftangriff beschädigt wurde. Bild: dpa
Deutschlands Botschafterin in Kiew nennt russische Luftangriffe „Terror“ +++ Selenskyj wirft russischen Truppen „Ökozid“ vor +++ IAEA: AKW Saporischschja kann vorerst noch mit Staudamm-Wasser gekühlt werden +++ alle Entwicklungen im Liveblog
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An den Flanken von Bachmut haben die ukrainischen Streitkräfte unterdessen Geländegewinne erzielen können. Das berichtet die US-Denkfabrik ISW (The Institute for the Study of War). Demnach laufe die lokale Gegenoffensive seit Sonntag in „mindestens drei Sektoren der Front“. Unter Berufung auf ukrainische Streitkräfte hätten die Soldaten zwischen 200 Metern und fast zwei Kilometern vorrücken können.
Dies hänge mit den hohen Risiken einer solchen Überquerungsoperation gegen vorbereitete russische Kräfte zusammen, sagte Masuhr. „Im engeren militärischen Sinne ist also nicht offensichtlich, wie der Dammbruch den Krieg kurzfristig in die eine oder andere Richtung schieben könnte.“
Die Schwerpunkte der angekündigten ukrainischen Gegenoffensiven würden eher aus nördlicher Richtung in Saporischschja und in den östlichen Regionen von Donezk und Luhansk vermutet. Die Offensivbemühungen seien in jüngster Zeit „einige Gänge hochgeschaltet“ worden.
Beim aktuellen Informationsstand könne er nicht einschätzen, wie der Dammbruch zustande gekommen sei, und dementsprechend auch nicht, wer verantwortlich sei, sagte Masuhr. „Der Dammbruch dürfte in der ukrainischen Führung keinen allzu großen Schock ausgelöst haben“, sagte Masuhr. Über die Option der russischen Truppen, den Damm zu sprengen, sei seit einigen Monaten spekuliert worden. „Es wäre überraschend, falls dies nicht Teil von Kalkulationen für die Gegenoffensiven gewesen wäre.“
Weil ukrainische Gegenangriffe auf von Russland besetztes Gebiet im Südsektor durch die Überschwemmungen zunächst schwieriger wären, könne Russland womöglich Truppen abziehen und an andere kritische Frontabschnitte verlegen, sagte Masuhr. Das gleiche gelte aber grundsätzlich für die Ukraine, sollte sie Kräfte vorgehaltenhaben, um vom Westufer aus Schwächephasen der Russen für Angriffe auszunutzen, etwa im Falle von Durchbrüchen in Saporischschja. Unklar sei zudem, wie viel russische Ausrüstung auf der tiefer gelegenen Ostseite des Dnipro durch die Überschwemmungen verloren gehen wird.
Die Ukraine sei auf anhaltenden Nachschub an Artillerie und Luftabwehrmunition angewiesen, sagte Masuhr. „Die Ukraine braucht in dieser Kriegsphase alles, und in größeren Mengen als zuvor“, sagte er. „Munitions- und Materialverbrauch gehen bei Offensivoperationen deutlich hoch.“ Wie hoch die ukrainischen Reserven aktuell sind, sei schwer zu sagen. „Die Frage ist ja: Wie viel ist die ukrainische Führung bereit, in die Gegenoffensive zu investieren, und wie viel will sie zurückhalten, falls der Krieg länger anhält“, sagte Masuhr.
Der ukrainische Staatschef warf Moskau zudem vor, die im von Russland besetzten Teil des überfluteten südukrainischen Gebiets Cherson lebenden Menschen im Stich zu lassen. „Dort weitet sich die Katastrophe bereits am zweiten Tag weiter aus“, sagte Selenskyj.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat im Gegensatz zu Selenskyj die Hochwassergebiete noch nicht besucht und erst zwei Tage nach dem Dammbruch öffentlich Anweisungen gegeben, Hilfe in die Region zu schicken. Allerdings inspizierte am Donnerstag mit dem früheren Regierungschef Sergej Kirijenko bereits ein hochrangiger Kremlbeamter das Krisengebiet.
Selenskyj ging auch auf das Trinkwasserproblem durch die Leerung des Stausees und die Verschmutzung des Grundwassers ein. Es könne Unannehmlichkeiten geben, aber die Versorgung mit Trinkwasser werde gesichert, versprach der 45-Jährige. „Die Entscheidungen dafür sind da, die Ressourcen sind da, das Geld ist da“, sagte er.
Feldhusen zufolge ist die Luftabwehr in der ukrainischen Hauptstadt sehr wirkungsvoll. „Kiew wird meist von Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen, dagegen ist die ukrainische Luftverteidigung schon seit Januar wirklich fast zu 100 Prozent effektiv. Das heißt, die Angst, dass wirklich eine Rakete einschlägt, ist gar nicht so groß.“ Dennoch würden aber Menschen durch herabfallende Trümmerteile der abgeschossenen Raketen getötet und verletzt. Zuletzt sei Kiew auch mit ballistischen Raketen angegriffen worden. „Die wurden zwar auch abgeschossen, aber da ist die Vorwarnzeit sehr kurz“, sagte die Diplomatin.
Deutschland unterstützt die Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffs unter anderem mit Waffen – darunter die Flugabwehrsysteme Patriot und Iris-T SLM.
Feldhusen ist seit Juli 2019 Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in Kiew. Einem Bericht von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten zufolge soll sie im Sommer von Martin Jäger abgelöst werden.
Grossi will das Akw in der kommenden Woche erneut besuchen. Am Dienstag hatte die UN-Agentur mitgeteilt, dass das Kernkraftwerk nach der Zerstörung des Staudamms noch für mehrere Monate Kühlwasser habe. Der nahe gelegene Kühlteich sei gegenwärtig voll und die sechs Reaktoren heruntergefahren. Es seien auch Maßnahmen zur Einsparung von Wasser eingeleitet worden.
Quelle: FAZ.NET
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