Wie Ukrainer im Vernichtungskrieg überleben
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Butscha - und was davon übrigblieb. Ein Bild vom 2. April 2022, nachdem sich die russischen Streitkräfte zurückgezogen hatten. Bild: Reuters
Auf den Straßen liegen Leichen, kein Strom, kein Gas, kein Wasser. Dank Mobiltelefon und Internet bleiben die Opfer nicht anonym und Zeugen bekommen eine Stimme. Geschichten aus dem Osten der Ukraine.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat uns, die Bewohner Europas, zurückgebombt ins 20. Jahrhundert. Es war recht friedlich ausgeklungen mit der Formel vom „Ende der Geschichte“. Jetzt sind seine Dämonen wieder da: Krieg, auch der Luftkrieg mit seinen Schrecken. Kriegsverbrechen und millionenfache Flucht. Und ein Vernichtungskrieg gegen ein ganzes Land. Aber eines ist anders als früher: Die Technik macht es möglich, auch aus der Ferne Opfer und Zeugen zu suchen, bekannte Gesichter wiederzusehen. Auch in der Ostukraine – solange es noch Telefonnetze und Internet gibt.
Ein Priester berichtet aus Kramatorsk
Der Priester, der mit seiner Familie bis vor wenigen Tagen in Kramatorsk lebte, in einer Stadt, die – Stand Donnerstag – beschossen wurde, aber nicht besetzt war, war schon vor Jahren ein Hansdampf in allen Gassen. Er hielt Gottesdienst, leistete humanitäre Arbeit. Wer ihn besuchte, erlebte einen Mann von großer Robustheit und Arbeitskraft. Schon 2014, als Russland die Krim annektierte, Konflikte in der Ostukraine schürte und dort auch mit eigenen Truppen eingriff, hatte er beherzt gehandelt: etwa als ein kleines Mädchen in einem Viertel umherirrte, in dem gekämpft wurde (es wurde in Sicherheit gebracht). Jetzt ist die Angst größer als damals: Der Priester bittet per Videotelefonat, ihn nicht genau zu beschreiben, seine Konfession nicht zu nennen. „Denn wenn ich gefangen genommen werde . . .“ Der Satz bricht ab.
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