
Links sein schützt vor Sexismus nicht
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Gilt heute als Ära der Machos: die Regierungszeit von Schröder (l.) und Fischer, hier bei der Unterzeichnung des rot-grünen Koalitionsvertrages im Oktober 1998. In der Mitte: Oskar Lafontaine, kurze Zeit SPD-Finanzminister, später Mitgründer der Partei Die Linke. Bild: dpa
Sexismus in der Linken ist nicht verdammenswerter, nur weil er in einer laut Selbstbeschreibung feministischen Partei vorkommt. Wer das glaubt, verkennt das Problem.
Ausgerechnet die Linke! Ausgerechnet eine feministische Partei hat ein Problem mit Sexismus! Sieh an! Als Berichte über sexuelle Belästigungen und andere Übergriffe im hessischen Landesverband der Linkspartei vor Kurzem nicht nur ein strukturelles Problem innerhalb der Partei offenlegten, sondern auch den jahrelang mangelhaften Kampf gegen Sexismus in den eigenen Reihen, war die teils von Häme, teils von Empörung dominierte Verknüpfung nicht weit: Sexismus unter den Linken ist demnach besonders schlimm, weil er in einer Partei auftritt, die Gleichberechtigung als Pfeiler ihrer Politik sieht. So naheliegend der Gedanke ist: Er führt auf einen Nebenschauplatz. Denn er problematisiert in erster Linie linke Doppelmoral – und nicht Sexismus.
Auf Doppelmoral in der Politik reagieren Wähler besonders sensibel, weil sie – zu Recht – erwarten, dass die Ansprüche, die Politiker stellen, von ihnen selbst erfüllt werden. Insbesondere dann, wenn es jene Politiker betrifft, die sehr offensiv für ein Thema eintreten. Dabei geht es nicht immer um Dinge, die bei genauerer Betrachtung eher Petitessen sind. Wenn ausgerechnet eine Bildungs- und Forschungsministerin ihren akademischen Titel wegen unsauberen Arbeitens zurückgeben muss, wiegt das besonders schwer. Nebeneheliche Kinder sind vor allem für jene Politiker problematisch, die für das traditionelle Familienbild eintreten. Und es kommt nicht gut an, wenn ausgerechnet Politiker, die oft und gerne höhere Steuern für Besserverdienende fordern, das Finanzamt über ihren Zweitwohnsitz im Unklaren lassen.
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