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Syrien : Rebellen werfen Assad-Miliz weiteres Massaker vor

  • Aktualisiert am
Rekruten der „Freien Syrischen Armee“ am 9. Juli

Rekruten der „Freien Syrischen Armee“ am 9. Juli Bild: REUTERS

Regierungsnahe Truppen in Syrien haben der Opposition zufolge ein weiteres Massaker mit bis zu 250 Toten verübt. UN-Sondervermittler Annan zeigte sich „schockiert und entsetzt“. Die syrische Opposition verstärkte ihre Forderung nach einer Militärintervention.

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          Ein Massaker mit möglicherweise bis zu 250 Toten hat die Rufe nach einer Militärintervention in Syrien verstärkt. Die Sprecherin des Syrischen Nationalrats (SNC), Bassma Kodmani, forderte die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf, „wenn nötig, außerhalb des Rahmens des UN-Sicherheitsrats“. Auch die Organisation für Islamische Kooperation (OIC) forderte nach dem Massaker in dem syrischen Dorf Tremseh ein Eingreifen der Vereinten Nationen „mit allen Mitteln“.

          Ungeachtet aller Appelle zu Gewaltverzicht sollen Armeeeinheiten und Angehörige der regimenahen Schabiha-Miliz in dem Dorf Tremse in der Provinz Hama bis zu 250 Menschen getötet haben.

          „Mehr als 220 Menschen wurden getötet und rund 300 weitere verletzt“, sagte Abu Omar, der örtliche Kommandeur der oppositionellen „Freien Syrischen Armee“ am Freitag. Bei den Opfern handele es sich vor allem um Zivilisten. Das syrische Fernsehen berichtete hingegen, dass „terroristische Gruppen“ für das Massaker verantwortlich seien. Auch drei Angehörige der Sicherheitskräfte seien bei den Kämpfen getötet worden. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.

          Der internationale Syrien-Vermittler Kofi Annan verurteilte das Massaker scharf. Er sei „schockiert und entsetzt“ über die hohe Zahl von Toten sowie „die bestätigte Anwendung schwerer Waffen wie Artillerie, Panzer und Helikopter“, erklärte Annan am Freitag in Genf. „Dies ist eine Verletzung der von der Regierung versprochenen Beendigung des Einsatzes schwerer Waffen in Wohngebieten und ihres Bekenntnisses zum Sechs-Punkte-Friedensplan“, sagte er.

          Die UN-Beobachter stünden bereit, um die Bluttaten in Tremseh zu untersuchen. „Die Bewegungsfreiheit der Beobachter muss respektiert werden“, forderte Annan. „Ich verurteile diese Gräueltaten auf das Schärfste“, betonte der Syrien-Beauftragte von UN und Arabischer Liga. „Dies zeigt erneut, welchem Alptraum und Horror syrische Zivilisten ausgesetzt sind. Es ist äußerst dringend, dass diese Brutalität aufhört und wichtiger denn je, dass Regierungen mit Einfluss diesen effektiver nutzen, damit die Gewalt aufhört - und zwar sofort.“

          Bewohner: Milizionäre waren Assad-Treue

          Ein aus dem Dorf geflohener Bewohner berichtete dem Nachrichtensender Al Dschazira, dass es sich bei den Milizionären um Alawiten gehandelt habe, die dem Clan von Präsident Baschar al Assad treu ergeben seien. Sie seien über das Dorf hergefallen, nachdem sich die Rebellen aus der Gegend zurückgezogen hätten. Sämtliche Gebäude seien in Brand gesteckt worden.

          Die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, sie habe Informationen vorliegen, wonach mehr als 150 Menschen beim Bombardement von Tremse getötet worden seien. Namentlich identifiziert seien bislang 30 der Opfer. Regierungstruppen hätten die Ortschaft Tremse am Donnerstagmorgen zunächst umstellt und dann das Feuer mit Granaten und Artillerie eröffnet. Später sei die regierungstreue Miliz Schabiha in die Ortschaft eingefallen und habe Menschen wahllos getötet, darunter Frauen und Kinder. „Mehr als 200 Menschen starben heute in Tremse.

          Sie kamen beim Beschuss durch Panzer und Hubschrauber, Artilleriefeuer und Massenexekutionen ums Leben“, zitierte die britische Zeitung „Guardian“ eine Erklärung des Revolutionärsrats Hama. Sollten sich die Berichte bestätigen, wäre es das bislang schlimmste Massaker seit Beginn der Proteste gegen Assad im März vergangenen Jahres. Ende Mai waren in der Ortschaft Hula mehr als 100 Menschen getötet worden. Damals hieß es auch, dass Regierungstruppen zunächst das Feuer eröffnet und später Schabiha-Milizionäre Männer, Frauen und Kinder getötet hätten.

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