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Rede an die Nation : Steinmeier wirft Putin „imperiale Besessenheit“ vor

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht in Schloss Bellevue zur Nation. Bild: dpa

Der Bundespräsident stimmt die Deutschen auf raue Zeiten ein. Einen „Scheinfrieden“ mit Putin lehnt Frank-Walter Steinmeier ab. Zugleich warnt er, dass der Klimawandel keine „Ukraine-Pause“ mache.

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          Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen in einer Rede auf schwierige Zeiten eingestimmt und Hoffnungen zerschlagen, es könne ein baldiges Ende des russischen Angriffskrieges und der damit einhergehenden Krisen geben. Mit Blick auf Moskau und Wladimir Putin sagte Steinmeier: „Im Angesicht des Bösen reicht guter Wille nicht aus.“ Der russische Überfall auf die Ukraine markiere einen „Epochenbruch“, es werde eine „Danach“ geben, aber keine Rückkehr zum „Davor“. Putins „imperiale Besessenheit“ habe die bisherige Weltordnung in Schutt und Asche gelegt. Die Welt sei auf dem „Weg in eine Phase der Konfrontation“.

          Peter Carstens
          Politischer Korrespondent in Berlin

          In seiner Rede, die die Überschrift „Alles stärken, was uns verbindet“ trug, sagte Steinmeier in Berlin: „Ich glaube, dass viele Sorgen berechtigt sind. Wir erfahren die tiefste Krise, die unser wiedervereintes Deutschland erlebt“. Der 24. Februar, der Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine, habe alles verändert: „Das Sirenengeheul und der dunkle Rauch über Kiew, die schrecklichen Bilder dieses Morgens, sie gingen mir unter die Haut. Sie markierten das endgültige, bittere Scheitern jahrelanger politischer Bemühungen, auch meiner Bemühungen, genau diesen schrecklichen Moment zu verhindern.“

          Steinmeier erinnerte an die zurückliegenden Jahre, die für das Deutschland glückliche gewesen seien. Nun beginne „eine Epoche im Gegenwind“. Es gelte: „Ja, wahrscheinlich können wir die Erfolgsgeschichte unseres Landes nicht mit derselben Taktzahl fortschreiben wie in den letzten drei Jahrzehnten. Das Wesentliche wird wieder wichtig, und es verdient unsere ganze Kraft“. Man habe vielleicht „in Zeiten mit Rückenwind“ noch durchkommen können, „ohne selbst viel einzusetzen. Vielleicht konnte man es sich erlauben, Politik den anderen zu überlassen. Das gilt heute nicht mehr. Deutschland, unser Land, braucht Ihren Willen zur Veränderung, braucht Ihren Einsatz für unser Gemeinwesen, damit wir dort ankommen, wo wir hinwollen!“ Entlastungspakete seien wichtig, mahnte der Präsident die Bundesregierung, „aber nicht weniger wichtig ist Gerechtigkeit bei der Verteilung der Lasten“.

          „Unsere Länder stehen heute gegeneinander“

          Steinmeier sagte, es gelte nun die Demokratie zu schützen und Verführungen zu widerstehen. Man müsse „alles stärken, was uns verbindet“, so der Bundespräsident, dessen Ansprache als „Rede zur Lage der Nation“ angekündigt worden war. Ausdrücklich ging er auf Befindlichkeiten im Osten des Landes ein, insbesondere in Bezug auf Russland. Er sagte: „Ich weiß, dass sich viele Menschen in unserem Land Russland und seinen Menschen verbunden fühlen“. In Ostdeutschland kämen „ganz unterschiedliche, höchst kontroverse Erinnerungen an vierzig Jahre Geschichte hinzu, die bis heute nachwirken. Im Osten und im Westen sind wir dankbar für das Wunder der Wiedervereinigung und vergessen nicht, dass wir Michail Gorbatschow verdanken, dass sie friedlich blieb. Dass die sowjetischen Truppen ohne einen Schuss abzugeben nach Hause zurückgekehrt sind, das hat viel Hoffnung gemacht auf eine friedliche Zukunft. Diese Hoffnung hatte auch ich, und sie war Antrieb für meine Arbeit in vielen Jahren.“ Doch damit sei es vorbei: „Wenn wir auf das Russland von heute schauen, dann ist kein Platz für alte Träume. Unsere Länder stehen heute gegeneinander.“

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