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Handeln vor Gerichtsbeschluss : Kubicki kritisiert Abschiebung von Sami A.

Kubicki kritisiert Abschiebung von Sami A. als Untergrabung des Rechtsstaats Bild: dpa

Die Behörden wollen nichts von dem Gerichtsurteil gewusst haben, dass die Abschiebung von Sami A. verhindert hätte. Wolfgang Kubicki hält diese Ahnungslosigkeit für „fake“.

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          In der Debatte über die Abschiebung des tunesischen Gefährders Sami A. hat der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki vor einer „Untergrabung des Rechtsstaats“ gewarnt. „Keine Behörde darf Fakten schaffen, bevor das Gericht letztendlich entschieden hat“, sagte Kubicki im MDR. Niemand dürfe außer Landes gebracht werden, solange ein Verfahren laufe.

          Reiner Burger
          Politischer Korrespondent in Nordrhein-Westfalen.
          Eckart Lohse
          Leiter der Parlamentsredaktion in Berlin.

          Der mutmaßliche frühere Leibwächter des Terroristen Usama Bin Ladin war am 13. Juli in sein Heimatland ausgeflogen worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Tag davor ein Abschiebeverbot für Sami A. bekräftigt hatte, weil nicht auszuschließen sei, dass ihm in Tunesien Folter drohe. Der Beschluss des Gerichts war dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) jedoch erst am Morgen des 13. Juli zugestellt worden, als A. in Begleitung von Bundespolizisten schon auf dem Weg nach Tunesien war.

          Von einer früheren Zustellung hatte das Gericht abgesehen, weil es nicht mit einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung rechnete, nachdem das Bamf am 11. Juli mitgeteilt hatte, der vom dafür zuständigen nordrhein-westfälischen Integrationsministerium ursprünglich für Donnerstagabend gebuchte Linienflug sei storniert worden. Dass das Integrationsministerium allerdings schon am 9. Juli einen anderen Flug für Sami A. bei der Bundespolizei bestellt hatte, wurde dem Gericht nach eigener Darstellung nicht mitgeteilt. Das Gericht bewertet die Abschiebung von A. als „grob rechtswidrig“, sie habe „grundlegende rechtstaatliche Prinzipien“ verletzt; es ordnete die Rückholung des Salafisten an. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hält das Vorgehen dagegen für rechtskonform. Da der Beschluss des Gerichts die Behörden erst am Freitag erreichte, habe zum Zeitpunkt der Rückführung kein Abschiebehindernis vorgelegen, hatte Stamp am Montag argumentiert.

          „Grenzwertige These“

          Sein Parteifreund Kubicki äußerte am Dienstag dagegen im MDR die Einschätzung, das Verhalten der beteiligten Behörden – im Fall Sami A. waren das neben dem Bamf und dem nordrhein-westfälischen Integrationsministerium auch die Bochumer Ausländerbehörde – sei auf jeden Fall eine Missachtung des Gerichts. Dass die Behörden von der Gerichtsentscheidung nichts gewusst haben wollen, halte er „für einen Fake“. Er glaube, dass mittlerweile eine Stimmung im Land vorherrsche, in der viele meinten, man müsse jetzt einfach Fakten schaffen. Der Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, nahm Stamp in Schutz. „Wir brauchen mehr Politiker, die den Rechtsstaat tatsächlich durchsetzen und weniger, die darüber reden.“ Stamp habe im Rahmen von Recht und Gesetz gehandelt, um einen Gefährder abzuschieben, „er hat schlicht seine Pflicht getan“.

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