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Ukrainekrieg : Wo bleiben die Vereinten Nationen?

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Wo bleiben die Vereinten Nationen beim russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine? Bild: Greser & Lenz

Die UN könnten eine Expertenkommisssion einsetzen, die Druck ausübt.

          12 Min.

          Alle sind sich einig, dass der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine besser heute als morgen endet. Wie das gehen soll, darüber scheiden sich die Geister. Soll die Ukraine so aufgerüstet werden, dass sie der russischen Armee standhalten, besetzte Gebiete zurückerobern oder gar Russland besiegen kann (was immer diese Politikerfloskel genau bedeuten mag)? Oder sollen weiteres Blutvergießen, blindwütige Zerstörungen, eine weitere Eskalation des Krieges dadurch verhindert werden, dass der Ukraine Waffen und Munition ausgehen oder ihre Verteidigungsfähigkeit zumindest nicht ge­stärkt wird? Geht es also darum, der Ukraine eine gute Verhandlungsposition in Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu verschaffen oder sie unabhängig von taktischen Erwägungen in Verhandlungen mit Russland zu drängen? Einem Russland, das von sich aus gar nicht so verhandlungs-, sondern eher unterwerfungsbereit ist und völkerrechtswidrige Bedingungen aufstellt.

          Der Fokus des öffentlichen Diskurses in Deutschland liegt auf dem bilateralen Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine. Diese beiden Staaten müssten untereinander einen Ausgleich finden. Anders die Krieg führenden Parteien: Sie sehen in dem bewaffneten Konflikt einen Stellvertreterkrieg. So handelt die Videobotschaft, in der Präsident Wladimir Putin am frühen Morgen des 24. Februar 2022 gegenüber seinem Volk die „militärische Spezialoperation“ begründete, vor allem von der Bedrohung durch den Westen und die NATO, die immer näher an Moskau heranrücke. Von der Ukraine ist dort viel weniger die Rede und wenn, dann erscheint sie als militarisierte Marionette des Westens. Putin ist von diesen, teilweise wirren Gedanken anscheinend so überzeugt, dass er den Text seiner Videobotschaft in der UN verteilen ließ. Umgekehrt wird die Ukraine nicht müde zu betonen, dass sie die Freiheit Europas verteidige – eine Einschätzung, die auf dem Kontinent weithin geteilt wird. Es geht in dem Krieg also offensichtlich um weit mehr als die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine.

          Einen Krieg nur als bilaterale Angelegenheit der miteinander kämpfenden Staaten anzusehen, greift stets zu kurz. In der ganzen Welt werden Handelsbeziehungen gestört, es kommt zu Lieferengpässen und Inflation, die Produktion muss umgestellt werden. Kriegsflüchtlinge sind unterzubringen und zu versorgen. Sicherheitsbedürfnisse ändern sich, was zu hohen Verteidigungsausgaben führen kann. Unabhängig von solchen konkreten Auswirkungen heben die Vereinten Nationen den Krieg generell auf die Ebene der Gemeinschaftsangelegenheiten. Gleich der erste Artikel ihrer Charta setzt der Weltorganisation das Ziel, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, . . . Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken“. Die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens ist dem Si­cherheitsrat übertragen, der hierfür eine Reihe friedlicher und militärischer Maßnahmen ergreifen darf. Verantwortlich für den Weltfrieden ist auch die Vollversammlung, die jedoch nur dann tätig werden darf, wenn sich der Sicherheitsrat der Sache nicht angenommen hat. Zudem ist ihr Instrumentenkasten deutlich kleiner, vor allem darf sie keine Zwangsmaßnahmen verhängen, und ihre Beschlüsse binden die Staaten rechtlich nicht.

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