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Urheberrecht : Kein Grund zum Kulturpessimismus

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Bild: Greser & Lenz

Digitaler Fortschritt braucht ein starkes Urheberrecht, das eine freie Kommunikation und faire Nutzung frei zugänglicher Werke ermöglicht.

          6 Min.

          Kreativität ist eine individuelle Leistung, die die Menschheit durch Erfindungen immer wieder voranbringt. Die neue digitale Welt ersetzt nicht die Kreativität einzelner, sondern schafft Netzwerke für Ideen in neuem Ausmaß. Wer heute im Netz Musik kauft, Flüge bucht oder skypt, nutzt Innovationen, hinter denen auch individuelle Kreativität steckt, genauso wie kommerzielle Interessen. Die Piraten blenden die wirtschaftlichen Wirkungsmechanismen in der digitalen Welt aus. Sie verstehen das Internet der frühen Neunziger als Blaupause für das Urheberrecht im 21. Jahrhundert.

          Das Urheberrecht ist eine lange Geschichte gesetzgeberischer Updates in Folge neuer technischer Entwicklungen. Noch immer hat der Gesetzgeber für alle neu aufkommenden Nutzungsarten eines urheberrechtlich geschützten Werkes Lösungen konzipieren können, die bis heute tragen. Jetzt aber geschieht etwas Neues. Technische Innovationen laufen in immer kürzerer Folge ab. Produktzyklen drehen sich immer schneller, Geräteklassen verschmelzen. Gestern waren MP3-Player die Zukunft, heute sind sie ein Feature unter vielen in jedem normalen Handy.

          Was bedeuten Dynamik und Wandelbarkeit der digitalen Welt für das Urheberrecht? Neue Geräte und gewandelte Nutzergewohnheiten lösen in zerstörerischer Kreativität (Schumpeter) einen Wandel hin zu digitalen Geschäftsmodellen aus. Digitaler Fortschritt wiederum braucht ein starkes Urheberrecht, das eine freie Kommunikation und faire Nutzungsmöglichkeiten für frei zugängliche Werke ermöglicht. Aus dieser Bedeutung speist sich der inszenierte urheberrechtliche Showdown der vergangenen Wochen. Denn das Urheberrecht ist die Wirtschaftsordnung des Internetzeitalters. In der Informationsgesellschaft ist das Urheberrecht eine wesentliche Ressource für die Kreativität des Einzelnen und damit ganzer Gesellschaften. Deswegen ist das Niveau des urheberrechtlichen Schutzes in Deutschland hoch, sehr hoch sogar.

          Das Urheberrecht tariert vielfältige Interessen aus. Im Tauziehen um Zugang zu Nutzungsrechten gibt es mehr als zwei Enden: Im Mittelpunkt steht das Werk und der Künstler, der es schafft, aber allzu häufig nicht von den Früchten profitiert. Außerdem gibt es Regelungen für diejenigen, die ein Werk nutzen wollen. Zwischen diesen Polen befinden sich weitere wichtige Gruppen: Die Verwerter, etwa Verleger oder Produzenten, deren Geschäftsfelder sich derzeit so dramatisch verändern. Dazu zählen auch die Anbieter, die die Inhalte im Netz vermitteln, also den Zugang zum Internet gewähren oder die Dateien abrufbar halten, aber möglichst wenig Verantwortung für die Inhalte übernehmen wollen. Schließlich betrifft das Urheberrecht auch die Hersteller von Geräten, mit denen Inhalte abgespielt und kopiert werden können - das spielt insbesondere bei der Privatkopie eine große Rolle. In diesem Interessengeflecht kann sich der Gesetzgeber nicht mit einem der Akteure verbünden. Denn an welcher Stellschraube er auch dreht, er verengt in diesem Teamspiel immer die Bewegungsfreiheit für mindestens einen der Mitspieler.

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