Verbotene Partei : PKK-Kader in Frankfurt vor Gericht
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2017 in Frankfurt: 20 000 Menschen demonstrierten gegen Erdogans Politik, manche mit Bildern des PKK-Anführers Abdullah Öcalan. Bild: F.A.Z.
Während sich der Prozess gegen Abdullah Ö. in andere PKK-Verfahren einreiht, mehren sich kritische Stimmen gegen die Einstufung der kurdischen Arbeiterpartei als terroristisch. Indes kommt das Oberlandesgericht bei den Staatsschutzverfahren kaum noch hinterher.
An diesem Mittwoch beginnt am Oberlandesgericht Frankfurt der Prozess gegen einen Achtundfünfzigjährigen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung: der PKK. Die Bundesanwaltschaft wirft dem türkischen Staatsangehörigen Abdullah Ö. vor, seit August 2019 als hauptamtlicher Kader tätig gewesen zu sein. Er sei in der PKK-Region „Hessen“, also den Gebieten Frankfurt, Gießen und Mainz sowie in der Region „Stuttgart“ Koordinator für organisatorische, personelle und propagandistische Angelegenheiten gewesen. In weiteren Regionen und Gebieten, auch in Darmstadt, habe er „bestimmenden Einfluss für die Organisation ausgeübt“.
Neben Propagandaveranstaltungen und Versammlungen soll Ö. mit der Sammlung von „Spendengeldern“ zu tun gehabt und persönlich Kontakt zu potenziellen „Spendern“ aufgenommen haben. Mehr als 900.000 Euro soll er zwischen Juni 2020 und April 2021 eingetrieben haben.
Der Prozess gegen Ö. reiht sich in andere Verfahren gegen PKK-Funktionäre in Deutschland ein: Im Februar 2021 verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz einen 60 Jahre alten Mann zu zwei Jahren und drei Monaten Haft, der das PKK-Gebiet „Mainz“ geleitet hatte. Dazu gehörten auch Hofheim, Wiesbaden, Rüsselsheim, Kelsterbach und Bad Kreuznach. Zweieinhalb Jahre hatte im August 2020 ein türkischer Staatsangehöriger aus Hessen vom selben Gericht bekommen, der 2018 das Gebiet Mainz übernommen hatte. Der Mann wohnte im Lahn-Dill-Kreis. Das Oberlandesgericht Celle verurteilte im April 2021 einen Gebietsleiter zu einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung, im April 2019 vier junge Unterstützer aus Syrien und dem Irak zu jeweils mehr als zwei Jahren, weil sie auf Anweisung eines Jugendleiters ein Auto und ein Mehrfamilienhaus in Brand gesteckt hatten.
Seit 2002 auf der Terrorliste der EU
In Deutschland ist die PKK als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft. 1993 wurde unter dem Eindruck von Anschlägen auch in der Bundesrepublik ein Betätigungsverbot verhängt. Die Partei verfolge ihre Ziele mit Gewalt, so der damalige Innenminister Manfred Kanther (CDU). Ihre Aktivitäten verletzten Strafgesetze, richteten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung und gefährdeten die innere Sicherheit. Die EU hat die PKK 2002 auf ihre Terrorliste gesetzt. Der Verfassungsschutzbericht für 2020 spricht von 14.500 Anhängern in Deutschland, die teils gewaltbereit seien. Straftaten hingen mit Ereignissen in den Heimatregionen zusammen, etwa Offensiven des türkischen Militärs in Kurdengebieten, wobei die Anhänger hierzulande „die Empfänger politisch-strategischer Richtlinien“ aus den Heimatländern seien. „Es herrscht die Bereitschaft vor, diese Vorgaben konsequent in die Tat umzusetzen.“
In der jüngsten Vergangenheit haben sich mit Blick auf die politischen und rechtsstaatlichen Entwicklungen in der Türkei sowie den Kampf der Kurden gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) kritische Stimmen gemehrt. Vor allem Politiker von Grünen und Linken haben gefordert, das Betätigungsverbot aufzuheben. Im Januar 2020 entschied das belgische Kassationsgericht, die PKK sei keine Terrororganisation, sondern „eine Partei in einem bewaffneten Konflikt“, die für die Rechte der Kurden kämpfe und auf die Gewalt des türkischen Staats antworte.