Das Männer-Frauen-Spiel
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Früher waren die Rollen immer klar verteilt: Die Frau Arzthelferin, der Mann Arzt – wie hier zu sehen in der Fernsehserie Dr. Sommerfeld. Bild: Picture Alliance
Die einen wollen Gendersensibilität, die anderen halten mit Grammatik dagegen und beklagen eine Sprachpolizei. In der Tat ist geschlechtersensibles Sprechen keine Lösung für dieses sehr alte Problem. Ein Gastbeitrag.
Frauen schreiben Männern vor, wie diese reden sollen. Alle, vor allem aber Männer, sollen gendersensibel reden und schreiben, erhalten dafür Vorschläge, die sich unter der Hand als moralische Gebote darstellen, denen man sich nur um den Preis starker moralischer Kritik entziehen kann. Die einen wollen Gendersensibilität, die anderen halten mit der Grammatik und historischen Beispielen dagegen und beklagen eine Sprachpolizei. Für Soziologen, die daran interessiert sind, wie eine moderne Gesellschaft funktioniert, ist das ein sehr interessantes Problem. Es ist ein Problem mit einer sehr langen Geschichte, und es findet in einer Gesellschaft statt, die sich meist nicht daran erinnert, dass auch moderne Praktiken eine Geschichte haben.
Alle Rollen in diesem Spiel sind lange eingeübt. 1969 hat ein amerikanischer Psychiater in einem kleinen Aufsatz dies beispielhaft an der Beziehung zwischen Arzt und Krankenschwester beschrieben. Leonard I. Stein beschreibt unter dem Titel „The Doctor-Nurse Game“, wie diese beiden Berufsgruppen aufeinander bezogen werden und was das Besondere daran ist. Die souveräne kompetente Krankenschwester flüstert dem Arzt ein, was sie, die den direkten Kontakt mit den Patienten hat, als plausible Behandlung empfehlen würde, aber sie vermeidet sehr explizit, dies als Empfehlung darzustellen. Das wiederum ermöglicht dem Arzt, dieses Wissen zu nutzen und sich als Autor seiner Entscheidung zu sehen.
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