Wer darf weiterleben?
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Verarztete Tiere. Bild: Greser & Lenz
Die unerträgliche Lage muss geregelt werden.
In der Intensivstation eines Krankenhauses wird ein Patient seit mehreren Wochen künstlich beatmet. Sein Zustand verbessert sich nicht, die Ärzte sehen nur noch eine minimale Chance auf Genesung. Das Land befindet sich in einer Pandemie, jeden Tag werden neue Patienten eingeliefert, die Plätze in Intensivstationen werden knapp. Am Ende der Woche sind die Kapazitäten erschöpft. Als sich der Zustand einer Patientin mit Herzinfarkt verschlechtert, stehen die behandelnden Ärzte vor einer Entscheidung: Sie könnten die Behandlung des ersten Patienten beenden und die neue Patientin aufnehmen. Ihre Überlebensaussichten sind im Falle einer Behandlung exzellent, während der andere die Krankheit höchstwahrscheinlich nicht überstehen wird.
Wenn eine bereits zugeteilte intensivmedizinische Ressource neu verteilt werden soll, weil keine Behandlungskapazitäten mehr vorhanden sind, spricht man von einer Ex-post-Triage. Sie ist im deutschen Recht bislang nicht geregelt und ihre Bewertung in der Rechtswissenschaft heftig umstritten. Selbst zwei Strafrechtsprofessorinnen könnten den Ärzten in unserem Beispiel nicht mit Gewissheit sagen, ob ein Gericht sie freisprechen oder wegen eines Totschlags verurteilen würde. Diese Unsicherheit ist in einem Rechtsstaat hoch problematisch – daher ist es zu begrüßen, dass das Bundesministerium für Gesundheit nun einen Entwurf für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt hat, der sich auch mit der Ex-post-Triage befasst. Nur: Die jetzt vorgeschlagene Regelung ist undurchdacht und beruht auf falschen Grundannahmen.
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