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Bundesverfassungsgericht : „Sitzblockade nicht stets Nötigung“

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Anfang März in Chemnitz: Polizisten räumen eine Sitzblockade von Demonstranten, die damit gegen einen NPD-Aufmarsch protestierten

Anfang März in Chemnitz: Polizisten räumen eine Sitzblockade von Demonstranten, die damit gegen einen NPD-Aufmarsch protestierten Bild: ZB

Sitzblockaden können vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt sein und sind dann nicht als Nötigung strafbar. Das Bundesverfassungsgericht hob die Verurteilung eines Demonstranten auf, der aus Protest die Zufahrt zu einem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt blockiert hatte.

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          Sitzblockaden können vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt sein. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch bekräftigt. Der Erste Senat hob die Verurteilung eines Demonstranten wegen Nötigung auf. Er hatte mit Gleichgesinnten gegen den Irakkrieg protestiert und die Zufahrt zu einem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt blockiert.

          Bei der Blockadeaktion handele es sich zwar im Rechtssinn um Gewaltausübung, entschied das Verfassungsgericht. Doch müsse bei der strafrechtlichen Beurteilung berücksichtigt werden, ob die eingesetzten Mittel im Verhältnis zum Ziel als verwerflich anzusehen sind. Das habe das Frankfurter Landgericht nicht ausreichend geprüft. So habe es die für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände fehlerhaft gewichtet.

          Dass die Aktion die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für bestimmte politische Belange bezweckte, lässt nach Karlsruher Ansicht den Schutz der Versammlungsfreiheit nicht entfallen, „sondern macht die gemeinsame Sitzblockade, die somit der öffentlichen Meinungsbildung galt, erst zu einer Versammlung“ im Sinne des Grundgesetzes.

          Verfassungsrechtlich sei außerdem zu beanstanden, dass das Landgericht bei der Abwägung die Dauer der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, die Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, die Dringlichkeit des blockierten Transports sowie die Anzahl der von ihr betroffenen Fahrzeugführer „gänzlich außer Betracht gelassen“ habe. Die Karlsruher Richter verwiesen den Fall zurück.

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