
SPD-Wahlprogramm : Die Agenda 2010 ist tot. Es lebe die Agenda 2010 !
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Bild: ddp
Das Wahlprogramm der SPD ist eine Wiedergutmachung für alle zweifelnden Sozialdemokraten.
Die SPD hat endlich getan, was sie längst hätte tun sollen. Sie vermarktet die „Agenda 2010“ als ihre, wie Sigmar Gabriel jetzt sagte, „historische Leistung“, ohne die Deutschland heute nicht gleichzeitig der Musterknabe und Lastesel sein könnte, den Europa dringend braucht.
Es lässt sich lange darüber streiten, wer und was außer Schröders Sozialreform dazu beitrug, ob nicht auch die große und die schwarz-gelbe Koalition ihren Anteil daran haben - indem sie zum Beispiel nicht alles zurückdrehten, was die SPD gerne längst zurückgedreht hätte. Doch der von Schröder geführten rot-grünen Regierung gebührt nicht nur das Verdienst der Autorenschaft, sondern auch das der Opferbereitschaft.
Es brauchte sehr lange, bis die SPD daraus eine Erfolgsgeschichte machte, und selbst heute spielt darin noch immer der starke Zweifel eine wichtige Rolle, ob sie damals nicht von dunklen Mächten (und von Gerhard Schröder) verführt worden sei. Nach diesen langen zehn Jahren müssen sich die Sozialdemokraten von ihrem Kanzlerkandidaten, damals einer der feurigsten Befürworter der Politik Schröders und Kritiker der „Heulsusen“, deshalb zu Recht dafür kritisieren lassen, sie seien doch „Deppen“ gewesen, dass sie ihr breit angelegtes Reformwerk auf das Schlagwort „Hartz IV“ reduzieren ließen.
Peer Steinbrück kann sich das leisten, weil das vom Vorstand gebilligte Wahlprogramm der SPD nicht eine offensive Fortschreibung der Agenda ist, schon gar nicht die Ankündigung einer Folge-Agenda, die Ursula von der Leyen und Gerhard Schröder ins Spiel brachten, sondern eine Art von Wiedergutmachung. Es lässt keines der Stichworte aus, die damals und später zu Geburtshelfern der Linkspartei wurden: Mindestlohn, Leiharbeit, Regelsätze, Vermögensteuer, Rente.
Es werden damit weniger die Wunden der deutschen Gesellschaft geheilt, die wirklich so groß wären, wie die SPD tut, wenn die Linkspartei noch immer die Bedeutung hätte, die ihre Vorläufer vor zehn Jahren für die SPD hatten. Die SPD heilt damit vor allem ihre eigenen Wunden, die im Wahlkampf einer angeblich zerrissenen Gesellschaft zeigen sollen, welche heroischen Opfer die Partei auf sich genommen hat. Ihr Führungspersonal wirkt dabei wie die Riege sozialpolitisch versehrter Veteranen, die an der Seite seltsam unverbrauchter und frischer Grünhelme kämpft. Eine entschlossene Truppe, die in Deutschland und Europa zu neuen Reformufern aufbricht, sieht anders aus.
