Das hält Europa von der Groko : „Die Türkeifeindlichkeit der Nazi-Koalition“
- Aktualisiert am
Screenshot der türkischen Nachrichtenseite „Aksam“ vom 13. Januar Bild: Aksam/FAZ.NET
Europäische Medien sehen Merkel nach dem Abschluss der Sondierungen geschwächt – und SPD-Chef Schulz vor einer „titanenhaften Aufgabe“. Eine türkische Zeitung entwickelt eine ganz eigene Sicht auf die Dinge.
Während europäische Zeitungen nach dem Sondierungserfolg von Union und SPD vor allem die schwierige Lage von Angela Merkel und Martin Schulz kommentieren, stößt in regierungsnahen türkischen Medien die vereinbarte Haltung zur Türkei auf harsche Kritik. Die Zeitung „Aksam“ überschrieb einen Online-Artikel dazu mit den Worten: „Die Türkeifeindlichkeit der Nazi-Koalition“.
Der Aufmacher der gedruckten Ausgabe am Samstag hatte die Schlagzeile: „Dummkopf-Koalition“, das Wort „Dummkopf“ war auf Deutsch und in Schwarz-Rot-Gold gehalten. Darunter hieß es: „Türkeifeindlichkeit ist der gemeinsame Punkt der Koalition geworden, die nach 110 Tagen gebildet werden konnte.“
Ähnlich berichtete die Zeitung „Vatan“, bei der eine Überschrift lautete: „Die Gemeinsamkeit ist die Gegnerschaft zur Türkei“. Der Fernsehsender TGRT sprach von einem „Türkeifeindlichkeits-Bündnis aus drei Parteien“. In einer Überschrift der Zeitung „Milliyet“ hieß es: „Deutschland hat sein wahres Gesicht gezeigt“.
Union und SPD hatten den harten Kurs der Bundesregierung gegenüber dem „Partner“ und EU-Beitrittskandidaten Türkei am Freitag in ihrem Sondierungspapier bestätigt. Dort hieß es: „Die Lage der Demokratie, von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten hat sich verschlechtert. Deshalb wollen wir bei den Beitrittsverhandlungen keine Kapitel schließen und keine neuen öffnen. Solange die Türkei die notwendigen Verpflichtungen nicht erfüllt, kann es keine Visa-Liberalisierung oder eine Erweiterung der Zollunion geben.“
Die liberale spanische Zeitung „La Vanguardia“ sieht in der Einigung „eine große Nachricht für Deutschland und für ganz Europa“. Die deutsche Lokomotive müsse das europäische Gemeinschaftsprojekt weiterhin vorwärts ziehen – „noch mehr nach dem Brexit“.
Für die französische Regionalzeitung „Les Dernières Nouvelles d’Alsace“ aus Straßburg sind im Sondierungspapier von Union und SPD die einzig wirklich wichtigen Punkte „die Plätze, die Europa und der Eurozone im Koalitionsprojekt einnehmen“. Gleichzeitig blieben diese „im Vergleich zu den Visionen von Präsident Macron vage“.
Die letzte Regierung unter Merkel
Auch auf die Zukunft Merkels geht die Zeitung ein. Die nächste deutsche Regierung werde, wenn sie dann „am Sankt-Nimmerleins-Tag“ im Amt sei, sicherlich eine mit Merkel sein. „Aber mit einer immer weniger souveränen.“
Auch die konservative britische Zeitung „The Times“ geht auf die Zukunftsaussichten Merkels ein: Die Kanzlerin sei am Freitag zwar auf den Entwurf für eine neue Regierungskoalition zugesteuert, „aber sie muss nun erst einmal nervös abwarten, wie ihr politisches Schicksal von Mitgliedern Deutschlands großer Mitte-Links-Partei entschieden wird“. Und Teile der SPD zeigten ihre Ablehnung gegenüber einer neuen großen Koalition bereits offen.
Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ beurteilt die Herausforderung, vor der SPD-Chef Martin Schulz nun gegenüber seiner eigenen Partei steht, deshalb auch als „titanenhafte Aufgabe mit ungewissem Ausgang“. Dennoch gibt es der Zeitung zufolge „trotz einer gescheiterten Reichensteuer, der geplatzten Bürgerversicherung und einer viel restriktiveren Flüchtlingspolitik“ ein Argument, um die Basis von einer Regierungsbeteiligung unter Merkel zu überzeugen: „Es wird die letzte sein“, schreibt „La Repubblica“.