Snowden-Dokumente : NSA knackt Verschlüsselung von Sim-Karten
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Von Edward Snowden gesammelte Dokumente sorgen erneut für Aufregung. Bild: AFP
Von Edward Snowden gesammelte Dokumente zeigen, dass NSA und GCHQ die Verschlüsselung eines führenden Sim-Karten-Herstellers geknackt haben. Die Geheimdienste können so Handygespräche und Datenströme überwachen.
Die Geheimdienste der Vereinigten Staaten und Großbritanniens können einem Medienbericht zufolge die Verschlüsselung von vielen Sim-Karten in Mobiltelefonen knacken. Die NSA und sein britisches Pendant GCHQ hätten die Verschlüsselungscodes des führenden Sim-Karten-Herstellers Gemalto gestohlen, berichtete das Investigativ-Portal „The Intercept“ am Donnerstag. Dadurch könnten die Geheimdienste sowohl Handygespräche abhören als auch Datenströme von Smartphones anzapfen.
„The Intercept“ berief sich auf ein NSA-Dokument aus dem Jahr 2010, das der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden weitergegeben hatte. Der GCHQ und die NSA verschafften sich demnach die Verschlüsselungscodes, indem sie die private Kommunikation von Gemalto-Informatikern durchforsteten. Die NSA äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht zu den Vorwürfen. Gemalto hat seinen Sitz in den Niederlanden.
Eine Unternehmenssprecherin teilte mit, der Bericht von „The Intercept“ werde „sehr ernst“ genommen. Gemalto werde „alle notwendigen Ressourcen“ aufwenden, um den Vorwürfen nachzugehen. Das Unternehmen sei in den vergangenen Jahren immer wieder von Hackern angegriffen worden und verhalte sich „besonders wachsam“. Derzeit sei noch keine Verbindung zwischen früheren Hackerattacken und mutmaßlichen Aktivitäten von NSA und GCHQ festgestellt worden. Gemalto produziert jährlich rund zwei Milliarden Sim-Karten.
Die genaue Dimension des Datendiebstahls ist bisher unklar. In einem Papier geht es nur um einen Zeitraum von drei Monaten im Jahr 2010, in dem Millionen Schlüssel erbeutet worden seien. Wie es heißt, habe man einen Weg gefunden, die Codes auf dem Weg zwischen SIM-Hersteller und Netzbetreibern abzufangen. Dabei spielte offenbar auch eine breit angelegte Überwachung der Kommunikation von Mitarbeitern der SIM-Karten-Hersteller eine zentrale Rolle.
Mit den Schlüsseln, die auf der SIM-Karte gespeichert sind, dürfte es jedenfalls recht einfach sein, Handy-Gespräche ohne richterlichen Beschluss abzuhören. Zum Beispiel kann sich ein Überwacher dafür als Teil der Netzinfrastruktur ausgeben. Dass NSA und GCHQ Telefongespräche und andere Kommunikation auf breiter Front abgreifen können, war bereits bekannt. Ein Diebstahl von SIM-Karten-Codes wäre eine weitere Erklärung für diese Fähigkeiten.
Die Codes sind ursprünglich dafür entwickelt worden, um ein Telefon zum Beispiel für Abrechnungszwecke eindeutig im Netz identifizieren zu können. Die Hersteller betonen wiederholt, dass die SIM-Karte ein geschützter Ort sei und bauen auf ihr auch Zusatzdienste auf.
Die Website „The Intercept“ wertet die Unterlagen aus, die der Informant Edward Snowden bei der NSA herunterlud. Er hatte die Dateien im Juni 2013 den Journalisten um den Enthüllungsreporter Glenn Greenwald übergeben; seitdem werden sie häppchenweise veröffentlicht.