Russland : Pussy Riot will „Stimme der Gefangenen“ sein
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Nach wie vor kämpferisch: Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa Bild: REUTERS
Die durch eine Amnestie freigekommenen Bandmitglieder Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa wollen mit der Organisation „Sona Prawa“ (Rechtszone) für Gefangene kämpfen: „In Russlands Straflagern gibt es Menschen, die sich am Rande des Todes befinden.“
Die Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot wollen auch nach ihrer Freilassung aus dem Straflager Präsident Putin von der Macht vertreiben. „Was Wladimir Putin betrifft, hat sich unsere Haltung zu ihm nicht geändert“, sagte Nadeschda Tolokonnikowa am Freitag bei einer Pressekonferenz in Moskau mit ihrer Bandkollegin Maria Aljochina. „Wir wollen weiter tun, wofür sie uns inhaftiert haben. Wir wollen ihn weiterhin vertreiben.“ Allerdings wollten sich die Frauen vorerst nicht an direkten Aktionen gegen den Kreml beteiligen. Stattdessen kündigten sie Aktionen für einen humaneren Strafvollzug an. „In Russlands Straflagern gibt es Menschen, die sich am Rande des Todes befinden“, sagte Aljochina. Ihre neue Organisation „Sona Prawa“ (Rechtszone) wolle eine „Stimme der Gefangenen“ sein, sagte Tolokonnikowa.
Die 24 Jahre alte Tolokonnikowa und die 25 Jahre alte Aljochina sprachen sich zudem dafür aus, dass der vergangene Woche freigelassene Kreml-Kritiker Michail Chodorkowskij für das Präsidentenamt kandidieren solle. Chodorkowskij hatte das jedoch zuvor ausgeschlossen.
„Ganz Russland ein einziges Straflager“
Aljochina war nach ihrer Freilassung aus dem Straflager in Nischni Nowgorod über Moskau in die sibirische Stadt Krasnojarsk gereist, wo Tolokonnikowa zuletzt inhaftiert war. Am Freitag kehrten sie dann gemeinsam mit dem Flugzeug in die russische Hauptstadt zurück. Beide Frauen waren am Montag aufgrund eines vom Parlament beschlossenen Amnestiegesetzes vorzeitig aus der Haft entlassen worden.
Die Musikerinnen und Aktivistinnen waren im Februar 2012 nach einer Protestaktion in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen Putin und die orthodoxe Kirche wegen „Rowdytums“ zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Ihre ebenfalls wegen der Aktion verurteilte Mitstreiterin Jekaterina Samuzewitsch kam später auf Bewährung frei. Die Urteile hatten weltweit Protest ausgelöst.
Die beiden Mütter kleiner Kinder verbrachten ihre Haftzeit in Straflagern weit entfernt von ihren Familien. Nach ihrer Freilassung zeigten sie sich weiter kämpferisch. Aljochina kritisierte die Amnestie als einen „PR-Trick“ Putins vor den Olympischen Winterspielen 2014 in der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi. Tolokonnikowa rief dazu auf, das Sportereignis zu boykottieren, und kritisierte, ganz Russland sei ein „einziges Straflager“.
Der frühere Oligarch und Kreml-Kritiker Chodorkowskij war vergangene Woche nach mehr als zehn Jahren Haft überraschend von Putin begnadigt und freigelassen worden. Er reiste daraufhin nach Berlin aus. Bei seiner Freilassung hatten der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und die Bundesregierung eine wichtige Rolle gespielt. Chodorkowskij kündigte an, sich weder in der Politik engagieren noch für eine Rückgabe seines Vermögens einsetzen zu wollen. Jedoch wolle er politische Gefangene in Russland unterstützen.