Rechtsextremer Terrorismus : Die Opfer des Hasses
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In München wird sechs Tage später der 41 Jahre alte Theodoros Boulgarides ermordet. Er arbeitet bei einem Schlüsseldienst. Das Geschäft in der Trappentreustraße 4 liegt ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Boulgarides war seit seiner Kindheit in Deutschland und hinterlässt zwei Töchter. Die Polizei sagte der „Süddeutschen Zeitung“ ein paar Tage später, es gehe um „einen Kampf im Drogenmilieu“. Schutzgelderpressung oder Geldwäsche. Eine Spur führe in die Niederlande. Das war ein Hinweis auf den ersten Mord an dem Blumenhändler Simsek, der öfters in Amsterdam gewesen war. Fünf Jahre nach seinem Tod wird er weiter als mutmaßlicher Krimineller verdächtigt.
„Gutes Objekt und geeigneter Inhaber“
Der 39 Jahre alte Mehmet Kubasik wird am 4. April 2006 in seinem Dortmunder Kiosk in der Mallinckrodtstraße mehrmals in den Kopf geschossen. Die Täter hatten etliche potentielle Ziele in Dortmund aufgezeichnet und ausgekundschaftet, unter anderem türkische Geschäfte. „Gutes Objekt und geeigneter Inhaber“ steht nach Ermittlungsberichten in Beobachtungslisten, welche die Täter in ihrer Zwickauer Wohnung anfertigten. An anderer Stelle heißt es: „Personal ist nicht optimal, vorher noch mal prüfen.“ Wen es dann tatsächlich traf, blieb Zufall. Auch im Falle des Dortmunders Kubasik wird die Familie nach der Tat ausführlich vernommen, muss Fingerabdrücke und Speichelproben abgeben. Die Familie ist nach Zeitungsberichten aus Deutschland in die Türkei ausgewandert, dorthin, wo der Vater auch begraben liegt.
Der darauf folgende Mord an Halit Yozgat hat den hessischen Verfassungsschutz in ein schiefes Licht gerückt. Denn als der Geschäftsmann am Morgen des 6. April 2006 in Kassel mit zwei Kopfschüssen getötet wird, befindet sich angeblich zufällig ein Mitarbeiter des hessischen Landesamtes am Tatort, dem Internetcafé von Yozgat. Der Verfassungsschützer Andreas T. surfte dort auf Kontakt- und Pornoseiten, angeblich privat. Nach der Tat in der Holländischen Straße haut er ab. Anhand der Verbindungsdaten findet die Polizei den Mann, den man seiner angeblichen Gesinnung wegen mancherorts „Kleiner Adolf“ nennt.
Nach Mord folgt Bankraub
Am 5. Oktober 2006 ist das Opfer der Bande kein Ausländer oder Einwanderer. Die drei Neonazis brauchen Geld. Im Sommer war man gemeinsam zum Urlaub an der Ostsee. Der letzte erfolgreiche Bankraub liegt fast zwei Jahre zurück, das Geld scheint aufgebraucht. Die Täter versuchen es gleich in der Nähe ihres Wohnortes zu holen, bei einer Zwickauer Sparkassenfiliale. Der Überfall misslingt. Es kommt zu einem Gerangel mit einem 18 Jahre alten Auszubildenden, ein Schuss trifft ihn in den Bauch. Er überlebt schwerverletzt. Die Täter flüchten. Es folgen zwei Überfälle in Stralsund im November 2006 und Januar 2007, bei denen insgesamt 280.000 Euro erbeutet werden: Geld für die kommenden Jahre.
Am 25. April 2007 treffen die Neonazis auf einem Heilbronner Parkplatz auf Michèle Kiesewetter. Die junge Polizistin ist unterwegs mit ihrem Kollegen Martin A. Kiesewetter hat den Dienst kurzfristig übernommen. Sie wird durch gezielte Kopfschüsse getötet, Martin A. überlebt schwerverletzt. Die Täter nehmen den beiden die Pistolen, Magazine und weitere Ausrüstungsteile ab. Wieder tappt die Polizei im Dunkeln.
Als am 4. November 2011 in einem brennenden Wohnmobil in Eisenach die Leichen der beiden mutmaßlichen Serienmörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gefunden werden, haben sie die Polizei-Pistolen bei sich. In der Frühlingsstraße in Zwickau findet die Polizei kurze Zeit später die Ceska 83 mit Schalldämpfer. Das mutmaßlich dritte Mitglied der Terrorzelle sitzt in Untersuchungshaft: Beate Zschäpe schweigt zu den Vorwürfen.