Politisierung des Richterwahlverfahren auf dem Vormarsch
- -Aktualisiert am
Bild: Reuters
Die Ernennung von Amy Coney Barrett in Amerika war politisch aufgeladen. In Deutschland zeichnen sich erste ähnliche Tendenzen ab. Was wir in Deutschland daraus lernen können.
Nach dem Tod der Richterin des Supreme Court Ruth Bader Ginsburg ist Amy Coney Barrett nach kurzfristig angesetzten Anhörungen vom Senat bestätigt und von Präsident Trump ernannt worden. Einmal mehr wurde eine Richterwahl in den Vereinigten Staaten politisch aufgeladen und instrumentalisiert. Eine Politisierung von Wahlverfahren für Richter ist aber auch anderswo auf dem Vormarsch.
Man kann natürlich argumentieren, dass eine solche Entwicklung in der Natur von Wahlverfahren für Verfassungs- und Höchstgerichte liegt. Sie sind weder in den Vereinigten Staaten noch in Deutschland eine politikfreie Zone, und sicher kann man ein (auch) politisches Wahlverfahren für Verfassungsrichter mit begleitender öffentlicher Diskussion durchaus als adäquat betrachten. Doch die schweren Auseinandersetzungen, die die Verfassungsrichterwahlen in den Vereinigten Staaten immer wieder prägen, zeigen, dass, wenn sich der politische Dissens in solchen Verfahren einmal richtig eingenistet hat, das Rad nicht zurückgedreht werden kann. Tatsächlich stehen die in den Vereinigten Staaten zu beobachtenden Auseinandersetzungen in einer langen Traditionslinie, die vor allem mit der Nominierung des ersten jüdischen Richters Louis D. Brandeis im Jahre 1916 ihren Anfang nahm und mit den Redeschlachten im Justizausschuss des Senats im Zuge der Nominierung von Robert H. Bork im Jahre 1987 einen weiteren Höhepunkt erreichte. Insbesondere Ted Kennedys berühmte „Robert Bork’s America“-Rede ist in Erinnerung geblieben und hat unter anderem dazu geführt, dass Bork nie auf einem Richterstuhl auf dem Capitol Hill Platz nehmen konnte. In diese Linie reihen sich schließlich auch die umstrittenen Nominierungen von Clarence Thomas im Jahre 1991 und jüngst von Brett Kavanaugh im Jahre 2018 ein; beide wurden aber schlussendlich vom Senat bestätigt wie nun auch Amy Coney Barrett.
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