Perspektiven für die EU : Neu beginnen!
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Ein Schild weist auf den Mittelpunkt der Europäischen Union in Westerngrund (Bayern) hin, aufgenommen am 23. März 2017 Bild: dpa
Als in Maastricht 1991 aus der Europäischen Gemeinschaft (EG) die Europäische Union (EU) wurde, waren die Europäer darauf nicht vorbereitet. Mit dem „Verfassungsvertrag“ gab es wieder mehr Europa, worauf 2005 die Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden folgte.
Eine Suche nach innovativen Zugängen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der EU unternimmt ein neues Werk, das hochkarätige Expertise vereint. Als in Maastricht 1991 aus der Europäischen Gemeinschaft (EG) die Europäische Union (EU) wurde, waren die Europäer darauf nicht vorbereitet. Ihre Zustimmung galt einer Wirtschaftsgemeinschaft. Mit dem „Verfassungsvertrag“ gab es wieder mehr Europa, worauf 2005 die Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden folgte und in Lissabon später alle Anklänge auf eine EU-Verfassung unterblieben.
Die Eingrenzung des ständigen Kompetenzzugewinns der EU durch das Subsidaritätsprinzip sei, so Dieter Grimm, gescheitert. Es tauge zwar als rechtspolitische Maxime für eine föderale Ordnung, nicht jedoch als Entscheidungsmaßstab für den Streit über Zuständigkeiten. Das Klagerecht nationaler Parlamente reiche nicht aus. Die Zielfrage für die EU zu beantworten sei notwendig. Das „Maastricht-Erlebnis“ lehre keinen Legitimitätsgewinn. Die Einwanderungsfrage birgt laut Udo Di Fabio Sprengstoff. Die EU bräuchte „mehr politische Handlungskraft nach außen und mehr pragmatisches Selbstverständnis nach innen“, um dem „konzeptionslosen populistischen Aufbegehren“ entgegenzutreten. Der „Brechstange weiterer Zentralisierungen“ sei ein neues Austarieren des Gleichgewichts zwischen Staaten und EU und eine neue Erklärung des europäischen Projekts gegenüberzustellen.
Lazaros Miliopoulus unterscheidet Feindschaft von Kritik und Skepsis gegenüber der EU, also den rechtsmotivierten souveränitätsbasierten EU-Skeptizismus der Tories, der tschechischen ODS, der polnischen PiS und der britischen Ukip im Unterschied zu einem linksökonomischen EU-Skeptizismus der griechischen Syriza, der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung und der französischen Linksfront. Wichtig sei nicht wie viel, sondern was für ein Europa gewünscht wäre: ein liberales und weltoffenes oder ein nationalistisches und fremdenfeindliches, für das sich laut Tanja Börzel 2016 dann 51,9 Prozent der Briten entschieden, während Ungarn sich in einem Referendum gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung Orbán ausgesprochen hatte.
Timm Beichelt sieht keine Gefahr in den Krisen, sondern im Sinne „normaler“ Demokratien eine Politisierung der EU als begrüßenswerten Streit um Güter, Ressourcen und Werte, der größere Mehrheiten und regelkonformes Verhalten der Institutionen erfordere. Das alles sei noch kein Systemversagen. Herfried Münkler meint, dass eine imperiale Überdehnung in Phasen gesteigerter Herausforderungen bereits für die EU zutreffe, worauf sich die politischen Gewichte von Brüssel in die großen Mitgliedstaaten, unter anderem nach Berlin, verschoben hätten. Ist Deutschlands halbhegemoniale Rolle als „Zahlmeister“ und „Zuchtmeister“ diesen Ansprüchen gewachsen und seine Bevölkerung die weiteren Lasten zu tragen bereit? Es müsse, so Münkler, weiter mit gutem Beispiel und Fingerspitzengefühl vorangehen.