Gauck-Nachfolge : Kommt jetzt eine Bundespräsidentin?
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Bundespräsident Joachim Gauck geht - wer kommt? Bild: dpa
Einen Tag nach dem Verzicht Joachim Gaucks auf eine zweite Amtszeit als Bundespräsident nimmt die Debatte über seine Nachfolge an Fahrt auf. Neue Frauen an der Spitze brauche das Land, fordern auch männliche Politiker.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (beide SPD) haben sich am Dienstag im rbb-Inforadio für eine Bundespräsidentin als Nachfolgerin Joachim Gaucks ausgesprochen.
Thierse sagte, er halte es für nicht ausgeschlossen und an der Zeit, dass eine Frau Staatsoberhaupt in Deutschland werde. Dabei warnte der SPD-Politiker davor, die Diskussion über einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Bundespräsident Gauck als „Parteiengeschacher“ abzutun.
„Demokratie ist Streit, auch Streit um Personen. Den muss man austragen - möglichst so, dass niemand beschädigt wird,“ so Thierse. Auch Bundesfamilienministerin und SPD-Vize Manuela Schwesig sagte, es sei an der Zeit für eine Frau. Das dürfe allerdings nicht das einzige Kriterium sein. Sie wünsche sich ein bürgernahes Staatsoberhaupt, mit einer Bereitschaft, für Demokratie zu werben.
Daneben sei es ihr wichtig, dass sich der Nachfolger von Bundespräsident Joachim Gauck gegen Rechtsextremismus positioniere, so Schwesig im rbb-Inforadio: „Diese klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit, die wünsche ich mir auch weiter.“
Nach dem Verzicht von Gauck auf eine zweite Amtszeit dämpfte der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet bei der Suche nach einem Nachfolger die Erwartungen nach einer raschen Nominierung eines Nachfolgekandidaten. Die Kandidatendiskussion sei noch zu früh, sagte Laschet am Dienstag im ZDF-“Morgenmagazin“ und fügte mit Blick auf die Landtagswahlen im September in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern hinzu: „Wir haben noch nicht einmal die endgültige Zusammensetzung der Bundesversammlung.“
Angesichts der Forderungen nach einer Frau im höchsten deutschen Staatsamt sagte Laschet, er mache einen guten Präsidenten oder eine gute Präsidentin nicht am Geschlecht fest. „Es geht am Ende um eine Person, die die Bundesrepublik Deutschland repräsentiert, und da gibt es ganz unterschiedliche Typen, und deshalb würde ich das nicht in einem Kriterienkatalog nach bestimmten Quoten bestimmen.“
Laschet gegen Direktwahl
Die Bundesversammlung, in der die Abgeordneten des Bundestags sowie Vertreter der Bundesländer sitzen, hält Laschet für das „ideale Instrumentarium“ für die Wahl des Bundespräsidenten. Kritik, das Verfahren sei undemokratisch, könne er nicht nachvollziehen. „Ich finde das besser als in Volksabstimmungen“, sagte er und führte die „extrem polarisierte Abstimmung“ in Österreich als Negativbeispiel an. Dort war das Land im zweiten Wahlgang praktisch gespalten, am Ende siegte der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hauchdünn vor dem Rechtspopulisten Norbert Hofer von der FPÖ.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, kritisierte die derzeitige Diskussion über die Nachfolge von Gauck als „respektlos“. Auch seine Partei habe sich noch gar nicht abschließend abgestimmt, sagte Schäfer-Gümbel am Dienstag zu MDR Aktuell. Erst am Montag habe Gauck seinen Verzicht auf eine zweite Amtszeit erklärt. „Wir fanden es gestern unangemessen und sicherlich auch in den nächsten ein bis zwei Tagen mit irgendwelchen Vorschlägen um die Ecke zu kommen.“
Stegner warnt vor „taktischen Spielen“
Nach dem Verzicht von Bundespräsident Joachim Gauck auf eine weitere Amtszeit als Bundespräsident hat der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner vor taktischen Spielen bei der Suche nach einem Nachfolger gewarnt. Da keine Partei eine Mehrheit in der Bundesversammlung habe, sei es wichtig, dass mit allen gesprochen werde, sagte er am Dienstagmorgen im ZDF.
Ob der Nachfolger „am Ende jemand ist, der einer Partei angehört oder auch nicht, das sollte genauso wenig vorher festgelegt werden wie ob das ein Mann oder eine Frau ist.“ Stegner fügte an: „Es muss eine Persönlichkeit sein, die gerade in diesen Zeiten Integrationskraft hat und den Menschen Orientierung gibt.“ Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef sagte: „Jeder, der jetzt Namen ins Spiel wirft, der trägt eigentlich nur dazu bei, dass diejenigen es nicht werden.“
Die „Bild“-Zeitung berichtete unter Berufung auf Führungskreise der Partei, die SPD wolle mit einem eigenen Kandidaten abwarten, bis Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Vorschlag unterbreite. Erst danach werde entschieden, ob es Chancen für eine überparteiliche Zusammenarbeit gebe oder nicht.