Erzbischof Zollitsch : Glanzlos in der Sichtachse
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Wechselvolle Personalpolitik: Zollitsch im Freiburger Ordinariat Bild: Daniel Pilar
Seine Dialogrhetorik kann nicht darüber hinwegtäuschen: Robert Zollitsch ist als Erzbischof von Freiburg wie als Vorsitzender der Bischofskonferenz ein Gefangener seiner Vergangenheit - und „regiert durch“.
Am kommenden Freitag wird Papst Benedikt XVI. den Aposteln ins Gesicht sehen. Freilich nicht als Münchner im Himmel, sondern an den Stufen des Hauptaltars des Freiburger Münsters. Seit fast fünfhundert Jahren wohnen dort zwölf Männer dem Kreuzigungsgeschehen bei. Sie alle tragen einen Heiligenschein und eine Flamme auf dem Haupt, die sie als mit dem Heiligen Geist begabt erscheinen lässt. Einer der zwölf muss mit weniger Schein und kleinerer Flamme auskommen – Petrus, der Fels, auf den Jesus seine Kirche bauen wollte. Mit dessen Standfestigkeit war es nicht immer sehr weit her, wollte der Maler Hans Baldung Grien wohl bedeuten. Und würde die linke Hand nicht das im Rutschen begriffene weiße Gewand krampfhaft festhalten, der Erste unter den Aposteln böte seinem Nachfolger einen Anblick zum Gotterbarmen.

in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.
Indes besucht Benedikt XVI. die badische Bischofsstadt nicht als erster Papst der Neuzeit, um Anschauungsunterricht in spätmittelalterlicher Papstkritik zu nehmen. Auch in modernen Formen des Protestes wie Homosexuellenparaden braucht der Nachfolger Petri keine Nachhilfe. Doch die Krawalle, die er während des Besuchs von Papst Johannes Paul II. in Berlin im Jahr 1996 hautnah miterlebte, waren womöglich einer der Gründe dafür, dass mehr als sechs Jahre vergehen sollten, ehe Papst Benedikt XVI. in dieser Woche Deutschland erstmals einen offiziellen Besuch abstatten wird. Und auch in Freiburg wird der Papst nicht mit jener Hochstimmung empfangen werden, die Kirchenleute im Stil spätsowjetischer Panegyrik seit Monaten verbreiten.
Badische Liberalität mit national-intoleranten Zügen
Denn anstatt der 300.000 Besucher von abendlicher Vigil und morgendlicher Eucharistiefeier, die unmittelbar nach der Ankündigung des Papstbesuchs als Planungsgröße ausgegeben wurden, dürften sich am kommenden Wochenende in Freiburg kaum einmal halb so viele Teilnehmer einfinden. An der Zahl von annähernd zwei Millionen Katholiken allein im Erzbistum Freiburg und kaum weniger im angrenzenden Bistum Rottenburg-Stuttgart gemessen, ist der erwartete Andrang in Freiburg beschämend gering. Doch ist das geringe Interesse nur ein Spiegel des Verhältnisses der Mehrheit der deutschen Katholiken zu ihrem Papst – und der ein Spiegel der inneren Verfassung der katholischen Kirche in Deutschland im Allgemeinen und des Erzbistums Freiburg im Besonderen.
Denn mögen sich manche Katholiken in Deutschland mit Papst Benedikt schwertun, dann überdurchschnittliche viele im Erzbistum Freiburg. Das liegt nicht nur an der sprichwörtlichen badischen Liberalität, die mitunter durchaus national-intolerante Züge annehmen kann: Nirgendwo im Deutschen Reich dauerte der Kulturkampf gegen die katholische Kirche länger als im Großherzogtum Baden. Männerorden konnten sich erst 1918 wieder in Baden niederlassen. Noch nicht gänzlich verblasst ist auch die antirömische Prägung der über Jahrhunderte vorderösterreichisch-habsburgischen Lande um Freiburg durch Aufklärung und josephinisches Staatskirchentum. Doch in den neunziger Jahren lenkte ausgerechnet Joseph Kardinal Ratzinger, der deutsche Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, Wasser auf die Mühlen derer, die seit Jahrhunderten von Rom nicht nur Gutes erwarten.
„Im offenen Gegensatz zur Lehre der Kirche“