„Habe nicht mehr genug Kraft“ : Papst Benedikt XVI. tritt am 28. Februar zurück
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Papst Benedikt XVI. verliest am Montag im Vatikan seine Rücktrittserklärung Bild: AP/L'Osservatore Romano
Papst Benedikt XVI. wird am 28. Februar zurücktreten. Das teilte Joseph Ratzinger überraschend in Rom mit. „Ich habe nicht mehr genug Kraft für mein Amt“, sagte der Papst. Der neue Papst soll nach Angaben aus dem Vatikan vor Ostern gewählt werden.
Papst Benedikt XVI. wird am 28. Februar zurücktreten. Das kündigte das katholische Kirchenoberhaupt am Montag bei einer Vollversammlung der Kardinäle in einer auf lateinisch gehaltenen Rede an. „Der Papst hat angekündigt, dass er sein Amt am 28. Februar um 20.00 Uhr aufgeben wird“, sagte ein Sprecher des Vatikans.
Zu seinem Rücktritt sagte Benedikt laut Radio Vatikan: „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Um „das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden“, sei sowohl die „Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig“. Diese Kraft habe in den vergangenen Monaten „in mir derart abgenommen, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen“, heißt es in der Erklärung weiter.
Benedikt sagte: „Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss.“
Nachfolger soll bis Ostern feststehen
Der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, nannte die angeschlagene Gesundheit von Benedikt XVI. als Grund für dessen Rücktritt. „Das Alter drückt“, sagte Ratzinger am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantische Reisen mehr zu unternehmen, sagte Ratzinger. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten.
Ein Nachfolger für Benedikt XVI. soll bis Ostern feststehen. „Wir sollten Ostern einen neuen Papst haben“, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag. Der Ostersonntag fällt in diesem Jahr auf den 31. März. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen, sagte der Sprecher.
Auf dem Petersplatz herrschte ungläubiges Staunen unter den Touristen und Gläubigen. Italiens Regierungschef Mario Monti nahm die unerwartete Nachricht erschüttert auf. Der Dekan der katholischen Kirche, Angelo Sodano, nannte die Ankündigung einen „Blitz aus heiterem Himmel“. Benedikt, seit 2005 im Amt, hatte bereits vor einiger Zeit deutlich gemacht, dass er es sich durchaus vorstellen könne, etwa aus Gesundheitsgründen das Pontifikat abzugeben. Die Kardinäle waren eigentlich zusammengekommen, um über mehrere neue Heiligsprechungen abzustimmen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte Papst Benedikt XVI. für seine Arbeit als Kirchenoberhaupt. Sie äußerte am Montag in Berlin „allerhöchsten Respekt“ für dessen Rücktrittsentscheidung. Die Kanzlerin fügte hinzu, Benedikt XVI. „ist und bleibt einer der bedeutendsten religiösen Denker unserer Zeit“.
Proteste und Irritationen
Papst Benedikt XVI., der am 16. April diesen Jahres 86 Jahre alt wird, war für seinen Vorgänger Papst Johannes Paul II. rund 20 Jahre als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation einer der engsten Berater gewesen. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte der 1927 im bayerischen Marktl am Inn geborene Theologe als reformorientiert gegolten. Unter den Erfahrungen mit der Studentenrevolte der 68er-Generation wandelte der Theologieprofessor und spätere Erzbischof von München und Freising sich zunehmend zum konservativen Hüter der katholischen Tradition. Durch die Betonung der katholischen Auffassung, dass den Protestanten nach katholischer Lehre kein Kirchenstatus zukommt, rief er im Jahr 2000 mit dem Dokument „Dominus Iesus“ Irritationen im ökumenischen Dialog hervor.
Für Aufsehen während seines bisherigen Pontifikats sorgte auch die die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft, darunter des Holocaust-Leugners Richard Williamson, sowie die Missbrauchsskandale in verschiedenen Ländern.
Papstrücktritt
Das Kirchenrecht gesteht dem Papst die Möglichkeit zu, von seinem Amt zurückzutreten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche muss niemandem Rechenschaft über einen solchen Schritt ablegen. Voraussetzung für die Gültigkeit des Rücktritts ist lediglich, dass er freiwillig geschieht. Für die Gültigkeit einer Amtsübergabe gibt es keine genauen Regeln.
Bislang trat kaum ein Papst freiwillig zurück. Nach dem am Montag angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. verzichtete zuletzt Coelestin V. im Jahr 1294 auf sein Amt. Knapp sechs Monate nach seiner Wahl legte der damals über 80-Jährige seinen Papstmantel und den Siegelring ab, nachdem er den Kardinälen ein Rücktrittsschreiben vorgelesen hatte. Sein Nachfolger Bonifaz VIII. verhinderte dessen Rückzug in das vorherige Dasein als Einsiedlermönch, indem er ihn bis zu seinem Tod anderthalb Jahre später in einer Burg außerhalb von Rom gefangen hielt.
Im 20. Jahrhundert bereiteten Papst Paul VI. und Pius XII. Rücktrittsschreiben vor. Diese hätten veröffentlicht werden sollen, falls sie körperlich oder geistig nicht mehr in der Lage gewesen wären, ihr Amt auszufüllen. Spekulationen über einen Amtsverzicht von Johannes Paul II. (1920-2005) aufgrund wachsender Gesundheitsprobleme hatte die katholische Kirche bis zu dessen Tod immer wieder zurückgewiesen.