Benedikt XVI. im Castel Gandolfo : Hier ist er Mensch, hier darf er’s sein
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Eine Statue der Jungfrau Maria im Park: Benedikt XVI. nutzte die Idylle von Castel Gandolfo für Ruhe, Gebet und Kontemplation. Bild: dpa
Castel Gandolfo ist von alters her Rückzugsort der Päpste. Hierher kommen sie, wenn es ihnen in Rom zu heiß, zu stickig, zu schmutzig wird. Wenn Benedikt XVI. dort am Nachmittag landet, wird er nur noch wenige Stunden Papst sein.
Jeder in Castel Gandolfo weiß, dass dieser Empfang ein Abschied ist: An diesem Donnerstag gegen 17.15 Uhr wird der Hubschrauber mit Benedikt XVI. aus Rom landen. Ein Elektroauto wird den Papst vom Landeplatz im Park zur päpstlichen Residenz fahren und damit auch ein kurzes Stück über den Hauptplatz des Ortes. Dort werden ihn wie sonst auch die Bürger der 9000 Seelen zählenden Ortschaft bejubeln. Dann fährt der Wagen mit dem Papst durch das mächtige Tor der Sommerresidenz, und hinter ihm schließt sich dies Tor wieder.
Das ist der Abschied; denn in all den Jahren, in denen Benedikt im Sommer zu Besuch war, blieb das Tor geöffnet, um zu zeigen, dass der Papst sich nicht vor der Ortschaft und ihren Bewohnern verschließt. Aber diesmal wird Benedikt nur noch knapp drei Stunden Papst sein. Um 20 Uhr, wenn die Glocken von San Tommaso schlagen, beginnt die Sedisvakanz, die Zeit ohne Papst. Der Mann, der einmal Papst gewesen ist, wird sich dann seinem Wunsch gemäß vor der Welt verborgen halten.
„Seine Heiligkeit Benedikt XVI.“
„Wir werden trotzdem mit ihm sein“, sagt Maurizio, der in seinem Geschäft am „Platz der Freiheit“ in Castel Gandolfo mit Andenken und Steingut handelt. Maurizio hat auch kostbare alte Motorradnachbildungen im Angebot, ein Hobby von ihm. Der Bischof der Diözese habe die Gemeinde zum Nachmittag nach San Tommaso gegenüber am selben Platz gebeten, um für „Seine Heiligkeit Benedikt XVI.“, so darf er sich auch weiter nennen, den Rosenkranz zu beten, berichtet Maurizio. Der zuständige Bischof ist der frühere Kardinalstaatssekretär Kardinal Angelo Sodano, der als Dekan des Kardinalskollegiums nach dem Beginn der Sedisvakanz alle Kardinäle auch offiziell nach Rom bitten wird, um die Generalkongregationen zur Vorbereitung des Konklaves zu beginnen. Dafür wird der 4. März genannt.
Die von dem Bildhauer und Architekten Gian Lorenzo Bernini gebaute Kirche San Tommaso trägt vorne im linken Seitenschiff eine nach barockem Vorbild gefertigte Erinnerungstafel für Benedikt XVI., der bis 2011 Altar, Kirchenschiff und Außenfront renovieren ließ. Noch sind die Farben frisch, das Gold der Leuchter glänzt auf den Altären. Mit dieser Tafel und der Dedikation für die Kirche steht Benedikt in einer Reihe mit Alexander VII. und anderen noblen Spendern.
„Er hat sich bei uns wohlgefühlt“
Am Eingang der Kirche hängt ein kleines Plakat auf der Glastür, das den Papst wie einen Rentner an einem Brunnen zeigt. Seine Heiligkeit füttert Goldfische, tut das sichtbar mit Freude und Behagen. Händler Maurizio ist sich sicher, dass der Papst immer gerne in Castel Gandolfo gewesen ist. „Wir haben ihn so oft zu Gast gehabt; er hat sich bei uns wohlgefühlt. Das wird auch diesmal so sein.“ In zwei, drei Monaten aber werden die Räume im Vatikan umgebaut sein, und dann werde die Ära Benedikts für den Ort Castel Gandolfo zu Ende sein, bedauert Maurizio. Bis heute finden sich in seinem Postkartenständer Karten mit Johannes Paul II. Auch Benedikt XVI. werde im Angebot bleiben, versichert Maurizio - „nicht nur für die polnischen und die deutschen Besucher hier. Wir Italiener übrigens lieben den Deutschen mehr als den Polen“.
Der Winter ist kalt in den Albaner Bergen hoch über Rom. Im Sommer, wenn sich bisher der Papst von der Hitze und Schwüle der Stadt in der angenehm kühlen Höhe erholt hat, strahlten die blauen und roten Blütenköpfe der Hortensien und dufteten die Rosen zwischen den antiken Überresten der Villa von Kaiser Domitian. Der war erster Bauherr einer fürstlichen Residenz auf diesem Gelände. Jetzt, im Februar, ragen die marmornen Zeugen der römischen Vergangenheit - Statuen, Kapitelle und Mauern - nackt und bloß in den Winterhimmel, als wollten sie an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern.