Papst Benedikt XVI. : Das Schicksal Afrikas hängt nicht an einem Gummibeutelchen
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Mit seinen Aussagen über die Sexualmoral in Afrika und die Rolle von Kondomen bei der Aids-Prävention hat Papst Benedikt XVI. Debatten und Kritik ausgelöst. Doch allein mit dem Hinweis auf praktische technische Hilfsmittel würde die Kirche ihre Forderung nach moralischen Prinzipien unterlaufen.
Am Montag ist Papst Benedikt XVI. von einer Reise nach Kamerun und Angola zurückgekehrt. War er aber wirklich in Afrika? Oder hat er in den vergangenen Tagen nur vor einem internationalen Aids-Tribunal Anklagen entgegennehmen müssen, mit abschließender Verurteilung? Angesichts der Aufregung in westeuropäischen Regierungszentralen und Medien, nach unablässigen Erklärungen von deutschen, französischen oder spanischen Ministern könnte es scheinen, als habe die Visite in Yaounde und Luanda nur den Hintergrund abgegeben, um in der westlichen Welt über den Kampf gegen die Aids-Epidemie anderswo zu diskutieren, um die europäisch-amerikanische Therapie mit Präservativen dagegen als Wundermittel darzustellen und die Haltung der katholischen Kirche als menschenverachtendes Teufelswerk anzuprangern.
Seltsam, dass die betroffenen afrikanischen Staaten und deren Führer sich nicht zu flammendem Protest erhoben, sondern die vielfältige Botschaft des Papstes unter dem Thema „Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden“ als Ermutigung ansahen. Die betroffenen Frauen und Männer Afrikas schienen wenig betroffen, sondern jubelten dem Papst zu. Benedikt verstand seinen Besuch auch als Einleitung und Einladung zu der Zweiten Sonderversammlung der Synode der katholischen Bischöfe Afrikas im Oktober dieses Jahres in Rom. Die Lehren und Prinzipien der Kirche sind den Afrikanern offenbar willkommen. Sonst hätten sich im „Kontinent der Hoffnung“ - nach einem Wort Johannes Pauls II. - nicht immer mehr Afrikaner dieser Religion zugewandt. Waren es im Jahr 1900 nur 1,9 Millionen Katholiken zwischen dem Mittelmeer und dem Kap der Guten Hoffnung, so sind es jetzt 158 Millionen von mehr als 900 Millionen, Tendenz steigend.
Zustimmung für den Papst
Aber gehen nicht die Lehren und Prinzipien der Papst-Kirche an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei? Verkennt nicht die Verweigerung von Kondomen die Leiden der Betroffenen und die Gefährdungen für andere? So lauten die Fragen seit Jahren, meist empört, selten maßvoll vorgetragen. Benedikt hatte in der Enge des Flugzeugs auf dem Weg nach Afrika und in der Kürze der Zeit darauf eine doppelte Antwort. Offenbar wohl präpariert von afrikanischen Bischöfen, die ihm ihre Sorgen und Erfolge vortragen, und informiert durch die Vorbereitungen für die Afrikanische Bischofssynode. Zum einen sagte er: „Ich glaube, dass die wirksamste und im Kampf gegen Aids präsenteste Organisation ebendiese katholische Kirche mit ihren Bewegungen und unterschiedlichen Strukturen ist.“
Edward C. Green, führender amerikanischer Aids-Forscher an der Harvard-Universität und Direktor des „AIDS Prevention Research Project“ am „Harvard Center for Population and Development Studies“ (für Bevölkerungs- und Entwicklungsstudien), sagte dazu kurz und bündig: „Der Papst hat recht; die Verteilung von Kondomen verschärft das Aids-Problem.“ So zitiert ihn die amerikanische „Catholic“-Agentur; so kann man es wissenschaftlich auch sehen. Zum anderen plädierte der Papst für „eine Humanisierung der Sexualität, das heißt eine geistige und menschliche Erneuerung“.
Morallehre und praktische Hilfe
Der neue Moskauer Patriarch, Kyrill I., bekräftigte, was sonst nicht russisch-orthodoxe Art ist, die päpstliche Position; Verhütungsmittel seien weder eine geeignete Antwort auf die Krankheit noch auf die Probleme Afrikas. „Die Verbreitung dieser Krankheit wird nicht eingedämmt durch äußere Mittel zur Verhütung, sondern durch die richtige ethische Erziehung und einen vernünftigen Lebensstil, wie ihn auch die orthodoxe Kirche lehrt.“ So die offizielle Erklärung aus Moskau. Also eine doppelte Strategie der Kirche: Morallehre und praktische Hilfe. Denn, so Benedikt, die Kirche hege „eine wahre Freundschaft auch und vor allem mit den Leidenden, und die Bereitschaft, bei ihnen zu sein“. Die Kirche ist überall, auch in Afrika mit ihren unzähligen Krankenhäusern und Sozialstationen der größte Dienstleister für Gesundheitsfürsorge.