Orbán vor EU-Gipfel in Brüssel : „Keine Migranten mehr, stoppt das“
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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán (M.) bei seinem Eintreffen zum EU-Gipfel in Brüssel Bild: AFP
Beim EU-Gipfel in Brüssel geht es für Angela Merkel um viel. Doch vor dem Beginn des Treffens zur Asylpolitik machen zwei Regierungschefs noch einmal klar, wo ihre roten Linien sind. Ein erstes Konzept gibt es unterdessen.
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat seine strikte Linie gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa bekräftigt. „Die Menschen verlangen zwei Dinge. Das erste ist: Keine Migranten mehr, stoppt das. Das zweite ist: Bringt die zurück, die schon da sind“, sagte Orbán am Donnerstag vor dem EU-Gipfel in Brüssel. „Um die europäische Demokratie wiederherzustellen, müssen wir in diese Richtung gehen. Ich hoffe, dass dies heute passieren wird.“
Orbán weigert sich seit Jahren, eine Umverteilung von Asylbewerbern in Europa zu akzeptieren. Schon 2015 sagte er, das Problem sei „kein europäisches, es ist ein deutsches“. Unter anderem wegen seiner harten Haltung kommt die Reform des gemeinsamen Asylsystems nicht voran.
Auch die Ministerpräsidenten anderer Visegrád-Staaten bekräftigten am Donnerstag noch einmal ihre harte Haltung in der Asylpolitik. „Wir werden uns von niemandem vorschreiben lassen, wer bei uns lebt und arbeitet“, sagte der tschechische Regierungschef Andrej Babis. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte bei seiner Ankunft in Brüssel, er wolle Migranten dazu bewegen, in ihrem Heimatland zu bleiben. Die Umverteilung von Flüchtlingen über die EU nach Quoten lehne er weiterhin ab.
Conte droht mit Veto
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte drohte vor dem Beginn des Gipfeltreffens mit einem Veto gegen die geplanten Beschlüsse zur Flüchtlingsfrage, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden. Er sei dann bereit, „daraus alle Konsequenzen zu ziehen“, sagte Conte in Brüssel. Eine Blockade der Gipfelbeschlüsse zu Migration sei von ihm zwar nicht gewünscht, aber „eine Möglichkeit“.
Unterdessen liegt den Staats- und Regierungschefs ein erstes Konzept für Migranten-Auffanglager in nordafrikanischen Ländern vor. Nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini wurde es in den vergangenen Tagen gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und der Organisation für Migration (IOM) entwickelt. Sie habe dafür direkt mit UNHCR-Chef Filippo Grandi und IOM-Generaldirektor William Swing zusammengearbeitet, sagte Mogherini. Details teilte Mogherini nicht mit. Sie betonte lediglich, dass die sogenannten Anlandestellen nicht gegen internationales Recht oder Menschenrechte verstoßen würden.
Hinter den Lagern steht die Idee, die Migration über das Mittelmeer zu stoppen. Menschen, die sich illegal auf den Weg nach Europa machen, würden dann nach der Aufnahme durch Schiffe im Mittelmeer nicht wie bisher nach Europa, sondern in solche Auffanglager in anderen Staaten gebracht. Dies wird mittlerweile von vielen Politikern als einzige Möglichkeit gesehen, um Schleuserbanden die Geschäftsgrundlage zu entziehen.
Die europäische Asylpolitik ist eines der zentralen Themen des zweitägigen Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ringt um eine Lösung, die die Koalitionskrise mit der CSU beilegen könnte. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will mit einseitigen Zurückweisungen registrierter Asylbewerber an der deutschen Grenze beginnen, falls Merkel keinen gleichwertigen europäischen Ansatz findet.
„Wir erwarten, dass auf die Worte Taten folgen“
Italiens Ministerpräsident Conte hatte beim sogenannten Mini-Gipfel am Sonntag einen Zehn-Punkte-Plan zur Migrationskrise vorgelegt. Hauptforderung ist, die bisherigen EU-Regeln zum Asyl „zu überwinden“. Dabei geht es insbesondere um die Vorgabe, nach der normalerweise das Erstankunftsland für Asylbewerber zuständig ist. Als Mittelmeerstaat ist Italien seit Jahren Hauptankunftsland für Flüchtlinge.
Italien habe einen „vernünftigen Vorschlag“ vorgelegt, sagte Conte. Er entspreche „vollkommen dem Geist und den Grundsätzen, auf denen die EU errichtet ist“. Bei Gesprächen mit den EU-Partnern habe er „viele Solidaritätsbekundungen“ für die Lage Italiens bekommen. Deshalb sei nun ein „sehr wichtiger Tag. Wir erwarten, dass auf die Worte Taten folgen.“
Die neue italienische Regierung aus der fremdenfeindlichen Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung hat ihren Kurs in der Migrationspolitik deutlich verschärft. Sie verweigert Schiffen von Hilfsorganisationen mit vor Libyen geretteten Flüchtlingen die Einfahrt in Italiens Häfen. Zuletzt war sie wegen ihrer Weigerung, das Rettungsschiff „Lifeline“ in einem italienischen Hafen anlegen zu lassen, in die Kritik geraten.