„Occupy Wall Street“ : Die Protestwelle erfasst alle Kontinente
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Gemeinschaft unter Unbekannten: 5000 Menschen sammeln sich vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt zum Protest Bild: AFP
Weltweit haben Tausende nach dem Vorbild der amerikanischen Protestbewegung „Occupy Wall Street“ gegen das Finanzsystem protestiert. Auch in Deutschland gab es größere Aktionen. Wikileaks kündigte in London eine Kampagne gegen Finanzinstitute an.
In vielen deutschen Städten protestierten an diesem Samstag Kapitalismuskritiker nach amerikanischem Vorbild gegen die Macht der Finanzmärkte und fordern mehr soziale Gerechtigkeit.
Mit der Aufführung des Theaterstücks „Europa - eine griechische Tragödie“ begannen in Frankfurt die Proteste gegen die Folgen der weltweiten Finanzkrise. Nach Polizeiangaben zogen danach rund 5000 Demonstranten für eine Kundgebung vor den Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB). Dazu aufgerufen hatten unter anderem die Organisationen Occupy Frankfurt und Attac. Ein Sprecher des losen Bündnisses kündigte eine friedliche Blockade des Platzes vor der EZB „auf unbestimmte Zeit“ an.
In Köln zog ein Demonstrationszug mit etwa 1500 Menschen vom Chlodwigplatz durch die Stadt, wie ein Polizeisprecher sagte. In München demonstrierten rund 1000 Menschen für mehr Demokratie und gegen die Ungerechtigkeit des Finanzsystems. Plakate riefen dazu auf, Konten bei „üblen Banken“ zu kündigen und Finanzspekulationen zu besteuern. „Rettet die Sparer, nicht die Banken“ war auf einem Plakat zu lesen, neben dem Wort „Sparer“ stand die „99%“. In Berlin wollen Protestierende zum Kanzleramt ziehen. Größere Demonstrationen werden auch in Hamburg, Hannover, Leipzig und Stuttgart erwartet.
Die Kundgebungen sind Teil eines weltweiten Aktionstages. Unter den Organisatoren sind auch die Globalisierungskritiker von Attac. Vorbild der Demonstrationen ist die amerikanische Protestbewegung „Occupy Wall Street“ („Besetzt die Wall Street“), die sich gegen das Finanzsystem und große Teile der Bankenwelt wendet.
„Occupy Wall Street“ begann vor etwa einem Monat als kleinere Protestbewegung in New York, seither hat sie dort Tausende Menschen mobilisiert und weltweit Beachtung gefunden. Die globale Protestwelle soll alle fünf Kontinente umfassen. Nach Angaben der Website „www.15october.net“ erreichen die Demonstrationen und kleineren Aktionen weltweit etwa 1000 Städte.
In der australischen Metropole Sydney schwenkten Aktivisten Plakate mit Aufschriften wie „Geld kann man nicht essen“. In Tokio schlossen sich rund 200 Menschen einem Protest an, in der philippinischen Hauptstadt Manila zogen Demonstranten vor die amerikanische Botschaft. In Südkorea zogen Aktivisten ins Finanzviertel von Seoul.
In Zürich besetzten einige hundert Demonstranten der sogenanten „Empörten“-Bewegung den Paradeplatz im Zürcher Finanzviertel. Die mehrheitlich jungen Demonstranten ließen sich auch von den tiefen Temperaturen nicht abhalten, wie die Schweizer Nachrichtenagentur SDA berichtete. Sie stellten Campingstühle auf den Platz oder breiteten Decken aus, bevor sie sich auf den kalten Boden setzten. Einige Teilnehmer hielten Transparente oder Plakate hoch, etwa mit der Aufschrift „Wir kaufen euch nicht frei“ oder „Für eine neue Schweiz ohne Ablasshandel“. Die Kundgebung wurde unter anderem von den Schweizer Jungsozialisten (Juso) organisiert, die von Beginn an mit einer großen Delegation vertreten waren. Ein Sprecher erklärte, es würden rund tausend Menschen erwartet.
In London sprach Wikileaks-Gründer Julian Assange vor der St. Paul“s Kathedrale zu rund 500 Demonstranten. „Das Bankensystem in London ist der Empfänger von korruptem Geld“, sagte er. Außerdem kündigte er an, Wikileaks werde in den kommenden Monaten eine Kampagne gegen Finanzinstitute starten. Assange ist unter Auflagen auf Kaution frei, solange noch nicht über seine Auslieferung nach Schweden entschieden ist, wo er sich wegen Vergewaltigungsvorwürfen verantworten soll.
Ausschreitungen in Rom
In Rom versammelten sich Zehntausende und die Veranstalter rechneten mit weit über 100 000 Teilnehmern. Einige vermummte Demonstranten zündeten mehrere Autos an, wie italienische Medien berichteten. Andere verbrannten die italienische und die europäische Fahne eines Hotels.
In Kanada sind in Städten wie Montreal und Vancouver Protestkundgebungen geplant, in Toronto wollen Demonstranten vor der Börse zusammenkommen.
Anhänger von „Occupy Wall Street“ störten am Freitag eine Rede von Medienmogul Rupert Murdoch mit Zwischenrufen. Der Chef des Medienkonzerns News Corp. sprach bei einem Bildungskongress in San Francisco über die Rolle der Technologie bei der Verbesserung des staatlichen Schulsystems. Dabei warfen Kapitalismus-Kritiker Murdoch wiederholt lautstark vor, aus dem Bildungssystem Profit schlagen zu wollen. Murdoch zeigte sich von den Zwischenrufen unbeeindruckt.