NSU-Prozess : Vater von Mundlos berichtet über Helmut Roewer
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Der ehemalige Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes Helmut Roewer vor einer Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag (Februar 2013) Bild: dpa
Der frühere Verfassungsschutz-Präsident in Thüringen, Helmut Roewer, soll in einer Kneipe mit Geld Rechtsextremisten als V-Männer angeworben haben. Das berichtet der Vater des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos im NSU-Prozess.
Der Vater des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos hat am Donnerstag vor Gericht ausgesagt, dass es für ihn noch lange nicht bewiesen sei, wer die Taten begangen habe, die dem NSU zugerechnet werden. Er beschuldigte den Verfassungsschutz in Thüringen, in den neunziger Jahren „Steuergelder“ über Informanten (V-Leute) in die rechte Szene „hineingepumpt“ zu haben.
Auf diese Weise hätten V-Leute wie Tino B. es finanzieren können, Dutzende Jugendliche zu einschlägigen Konzerten, Demonstrationen oder „Rudolf-Hess-Aufmärschen“ zu fahren. „Ohne die Vermittlung von V-Männern wäre das nie zustande gekommen“, sagte der pensionierte Informatik-Professor. Wenn sein Sohn ihm von „Informationsveranstaltungen“ in Bayern erzählt habe, zu denen er fahren werde, dann habe man sicher sein können, dass Tino B. dies organisiert habe.
Aktive Anwerbung von Informanten
Darüber hinaus habe er nach der Flucht seines Sohnes in einer Gaststätte mitbekommen, wie mehrere Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“ sich mit dem ehemaligen Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Roewer, getroffen hätten. Auch Andre K. sei dabei gewesen. Offensichtlich sei es um die Anwerbung von Informanten gegangen. Roewer habe zu den Jugendlichen gesagt, wer Informationen habe, könne sich ruhig bei ihm melden, dann bekomme er „entsprechend Geld“.
Nach Mundlos’ Angaben hatte er Roewer auch gefragt, ob es Lebenszeichen von dem Trio gibt, was dieser jedoch verneinte. Beate Zschäpe, sagte Mundlos, habe sich offenbar Mitte der neunziger Jahre der rechtsextremistischen Szene zugewandt: Als sein Sohn in der Bundeswehr gewesen sei, 1994, habe sie offenbar nicht nur ihren Freund, sondern auch ihre Gesinnung gewechselt. Denn dann sei sie mit Uwe Böhnhardt zusammen gewesen. Vorher habe er sie eher der linksgerichteten Szene zugerechnet.
Auf Nachfragen von Nebenklägervertretern, ob Uwe Mundlos in Gewalttaten verwickelt gewesen sei, sagte sein Vater aus, dass es nur „ein paar Rangeleien“, auch mit der Polizei, gegeben habe. Einmal habe Uwe Mundlos zusammen mit einem Bekannten einen Jugendlichen so „angerempelt“, dass es infolgedessen zu einem „Täter-Opfer-Ausgleich“ gekommen sei. Allerdings sei sein Sohn nie aggressiv gewesen, er habe auch nie provoziert. Vielmehr sei Uwe Mundlos einmal von „neun Männern“ in einer Dorfdiskothek zusammengeschlagen worden, nur weil er Bomberjacke und Springerstiefel getragen habe. Von der Teilnahme seines Sohnes an Demonstrationen und anderen Szene-Treffen hat er nach seinen Angaben nichts mitbekommen.
Seine Angaben in der polizeilichen Vernehmung im Jahr 2012, dass nicht nur Andre K., sondern auch Ralf Wohlleben einen großen Einfluss auf seinen Sohn gehabt hätten, dementierte er am Donnerstag. „Ich habe nie Ralf Wohlleben erwähnt.“ Wohlleben habe auch nichts mit dem Sprengstoff in der Garage im Jahr 1998 zu tun. Dies wertete ein Nebenklägervertreter als Versuch, Ralf Wohlleben bewusst entlasten zu wollen. In einem Beweisantrag wurde daraufhin gefordert, die Polizisten als Zeugen zu laden, die Siefried Mundlos dazu vernommen hatten. Zudem berichtete Mundlos, dass sein Sohn sich im Januar 1998 bei seiner Frau verabschiedet habe, bevor er mit Böhnhardt und Zschäpe offenbar zunächst nach Chemnitz geflohen sei. Sein Sohn habe zu seiner Frau gesagt, dass Beate Zschäpe ihn nach der Durchsuchung der Garage angerufen und von „sieben Jahre Gefängnis“ gesprochen habe, die ihnen drohten. Er habe auch seinen Vater noch angerufen und gesagt, dass es nichts mit der Familie zu tun habe, aber dass er jetzt weg müsse.