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NSU-Prozess : Der Vierte unter dreien

  • -Aktualisiert am

Beate Zschäpe und ihr Anwalt Mathias Grasel Bild: Imago

Jung und ohne Prozesserfahrung – und doch gilt er als der Verteidiger, dem Beate Zschäpe vertraut. Ein Besuch bei Mathias Grasel.

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          Zum Strafrecht kam Mathias Grasel über eine gebrochene Nase. Mitten ins Gesicht, durch das geöffnete Visier seines Motorradhelms, traf ihn der Faustschlag eines Mannes. Mathias Grasel, damals sechzehn Jahre alt, schob gerade in Tettnang am Bodensee sein Motorrad zum Taekwondo-Training und unterhielt sich mit einer Bekannten, die dort auch trainierte. Der Mann, doppelt so alt wie der Schüler Grasel, war der Freund des Mädchens. Was dann folgte, die straf- und zivilrechtliche Aufklärung, faszinierte ihn. „Als Opfer diese Abläufe mitzubekommen war spannend. Man hat schnell gemerkt, dass das Klischee stimmt: dass recht haben und recht bekommen nicht immer übereinstimmen“, sagt Mathias Grasel. Es war der Moment, als er sich entschied, Jura zu studieren.

          Noch als Schüler machte er ein Praktikum bei einem Strafverteidiger, während seines Studiums und im Referendariat in München arbeitete er für die Kanzlei „Eckstein und Leitner“, der mit Werner Leitner einer der Leibanwälte des FC Bayern angehörte. Als der Wirtschaftsstrafverteidiger Frank Eckstein ging, nahm er Mathias Grasel mit, der gerade frisch zugelassener Rechtsanwalt war. Zwei Jahre später, 2014, machte sich Grasel selbständig, ein Jahr später wird er der vierte Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe in einem Jahrhundertprozess. Zu viel, zu schnell für 31 Jahre?

          Mathias Grasel sitzt hinter einem riesigen hochglanzlackierten Schreibtisch in einer Bürogemeinschaft in München und lächelt verhalten. Ein wenig verloren wirkt er in diesen Proportionen, ganz anders als in dem großspurigen Werbevideo seiner Internetseite, das ihn als entschlossenen Chef im dunklen Anzug zeigt: Grasel am Schreibtisch, eine hübsche Assistentin reicht ihm Dokumente zur Unterschrift. Von seinem eigenen Erfahrungshorizont scheint er immerhin eine realistische Einschätzung zu haben. Der Versuchung, sich mittels der großen Verfahren seiner früheren Kanzlei aufzuplustern, widersteht Grasel. Auch ein abschätziges Wort über die Verteidigerleistung anderer kommt ihm nicht über die Lippen, schon gar nicht über seine Kollegen im NSU-Verfahren. Stattdessen erzählt er, dass es sein Job war, den Wagen zu fahren, als Werner Leitner den Fußballspieler Breno aus der Untersuchungshaft abholte.

          Jeder Schritt wird von der Öffentlichkeit gedeutet

          Als Referenzen führt Grasel Überraschendes an: Organisationsgeschick und Stressresistenz habe er sich vor allem in der Gastronomie zu eigen gemacht. Er habe als Student lange auf Großveranstaltungen gekellnert, zuletzt bei Festen wie dem Bayerischen Filmpreis den Einsatz von 150 Kellnern koordiniert, sagt Grasel. Oberkellner, Oberministrant, Chefredakteur der Schülerzeitung, Schwarzgurt: Er habe immer ein Ziel gehabt bei dem, was er tue. Dass das herzlich wenig mit einem Strafprozess vom Kaliber des NSU-Verfahrens zu tun hat, stört ihn nicht. Andere sehen es als völlige Selbstüberschätzung, sich so jung und ohne Prozesserfahrung in dieses Verfahren zu werfen.

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