
Debatte um Nord Stream 2 : Energiepolitik ist für Moskau Machtpolitik
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An einer Nord-Stream-Baustelle im russischen Wyborg treffen im April 2010 der Gazprom-Chef Alexei Miller (links), der damalige russische Präsident Medwedjew und der frühere Bundeskanzler und spätere Aufsichtsratsvorsitzender von Gazprom, Gerhard Schröder, zusammen. Bild: AFP
Eine bloße „privatwirtschaftliche“ Angelegenheit ist die Pipeline Nord Stream 2 nicht. Und klar ist auch: Wir sind schon jetzt von Putins Gas abhängig.
Die lautstarke Empörung über den Mordanschlag auf Nawalnyj war noch nicht ganz verklungen, da kamen schon die Verteidiger der Gasgeschäfte mit Russland aus der Deckung: Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Eine bloße „privatwirtschaftliche“ Angelegenheit, wie auch der CSU-Vorsitzende Söder meint, ist die Pipeline Nord Stream 2 aber weder auf russischer noch auf westeuropäischer Seite. Mit den Einnahmen aus dem Energieexport finanziert Putin sein Regime – und seine Kriege. Energiepolitik ist, nicht nur die Ukrainer können ein Lied davon singen, für Moskau Machtpolitik. Daher stieß das „privatwirtschaftliche“ Projekt auch bei vielen Verbündeten Deutschlands auf Vorbehalte, von Washington über Paris bis Warschau. Es hat von Anfang an das westliche Bündnis gespalten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich verteidigt den Gashandel mit Moskau mit dem Hinweis, auch andere Lieferländer seien keine lupenreinen Demokratien. Das trifft zu. Den Vergleich Russlands mit Saudi-Arabien würde sich aber wohl sogar Putin verbitten, obwohl durchaus gewisse Parallelen im Umgang mit Regimekritikern zu erkennen sind. Die in SPD und CDU zu hörende Behauptung, die Energiewende sei nicht ohne russisches Gas zu schaffen, kommt der Wahrheit, warum Nord Stream 2 so viele Fans in der deutschen Politik hat, wohl noch am nächsten: Wir sind schon jetzt von Putins Gas abhängig. Auch deshalb glaubt der Kreml, tun und lassen zu können, was er will.