Niederlande-Wahl : Rutte hängt Rechtspopulisten ab
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Regierungschef Mark Rutte bleibt wohl im Amt. Bild: EPA
Der Rechtsruck in den Niederlanden bleibt aus. Die rechtsliberale Partei von Ministerpräsident Mark Rutte bleibt mit Abstand stärkste Kraft im Parlament: Er muss sich allerdings einen weiteren Koalitionspartner suchen.
In den Niederlanden ist die rechtsliberale Partei von Ministerpräsident Mark Rutte der ersten Hochrechnung zufolge trotz Verlusten als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen. Die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders blieb hingegen weit hinter den Erwartungen zurück.
Auf Grundlage von 93 Prozent der Stimmen ergibt sich folgendes Bild: Die rechtsliberale Partei von Ministerpräsident Mark Rutte liegt mit 21,2 Prozent klar vorn. Danach folgt die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders mit 13,1 Prozent. Auf dem dritten Platz liegen mit 12,6 Prozent die Christdemokraten. Knapp dahinter kommen die linksliberalen Democraten 66 mit 12,1 Prozent.
Niederlande-Wahl : Rutte gewinnt gegen Rechtspopulisten Wilders
Umgerechnet in Mandate ergeben sich demnach 33 Sitze für Ruttes rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD). Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) kommt auf 20 der 150 Parlamentssitze. Die Christdemokraten und die Democraten 66 holen jeweils 19. Möglicherweise steht das Endergebnis erst am Freitag fest.
Regierungskoalition ohne Mehrheit
Ministerpräsident Rutte bezeichnete das Abschneiden seiner rechtsliberalen Partei als „großartig“. „Das Schönste ist, dass wir die Größten sind“, sagte er am Mittwochabend vor Anhängern in Den Haag. Nun könnten die Rechtsliberalen ihre Politik fortsetzen. In Anspielung auf das Ergebnis von Wilders‘ PVV sagte Rutte: „Das war heute ein Fest für die Demokratie.“ Der niederländische Wähler habe Nein gesagt „zu der falschen Art von Populismus“.
Rutte kann seine große Koalition allerdings nicht fortsetzen, denn sein Bündnispartner wurde von den Wählern abgestraft: Die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA) verlor zahlreiche Sitze. Für die Bildung einer neuen Regierung benötigt Rutte 76 der 150 Parlamentsmandate. Bleibt es bei der prognostizierten Sitzverteilung, müssten in einer künftigen Regierung mindestens vier Parteien vertreten sein, um eine Mehrheit zustande zu bekommen. Daher werden schwierige Koalitionsverhandlungen erwartet. Ein Bündnis mit Wilders‘ PVV lehnt Rutte strikt ab.
„Wir lieben Oranje“
Wilders zeigte sich enttäuscht über den Wahlausgang: „Wir gehören zu den Gewinnern der Wahl, aber ich wäre natürlich gern die größte Partei geworden. Das sind nicht die 30 Sitze, auf die ich gehofft hatte.“ Der Rechtsaußen hatte sich mit seinem islamfeindlichen und gegen die EU gerichteten Wahlkampf viel mehr ausgerechnet. Dennoch wies Wilders darauf hin, dass Ruttes Regierungspartei stark verloren habe, während er zulegen konnte. Der Rechtspopulist bot sich außerdem als Koalitionspartner an. Eine Kooperation hatte Rutte allerdings stets ausgeschlossen.
In Deutschland ist der prognostizierte Wahlausgang überwiegend positiv aufgenommen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Rutte telefonisch, wie Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter schrieb. Wörtlich zitierte er Merkel so: „Ich freue mich auf weiter gute Zusammenarbeit als Freunde, Nachbarn, Europäer.“
Der designierte SPD-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende Martin Schulz sagte, eine große Mehrheit der Niederländer habe die „Hetze von Geert Wilders und seiner unsäglichen Haltung gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen“ eine klare Absage erteilt. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem Erfolg für Europa. Es sei ein gutes Zeichen, dass Wilders nicht gewonnen habe.
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) gratulierte den Niederländern euphorisch zu den ersten Zahlen „Niederlande, oh Niederlande, du bist ein Champion!“, twitterte Altmaier. „Wir lieben Oranje für sein Handeln und sein Tun! Herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Ergebnis!“ Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer reagierte erleichtert: „Bei Wahlen mit nationalen Bedeutungen bekommen die seriösen bürgerlichen Parteien Zuspruch, wenn sie den Menschen überzeugende Antworten auf ihre Fragen geben.“ Weitere Reaktionen im FAZ.NET-Liveblog
Wilders hatte einen Wahlkampf gegen muslimische Einwanderer, gegen den Islam und gegen die Europäische Union geführt. Seine Partei lag in den Umfragen lange vorn. Ruttes Partei hatte allerdings zuletzt stark zugelegt – offenbar auch deshalb, weil die Regierung Auftritte türkischer Minister in den Niederlanden untersagt hatte. Daran entzündete sich ein schwerer diplomatischer Schlagabtausch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Hohe Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung in den Niederlanden war dieses Mal besonders hoch. Sie lag nach Angaben des niederländischen Fernsehens bei 81 Prozent und damit deutlich höher als bei der vorigen Wahl im Jahr 2012 mit knapp 75 Prozent.
Die Wahl ist der Auftakt eines europäischen Superwahljahres. Im April und Mai wird in Frankreich in zwei Durchgängen ein neuer Präsident gewählt, im September in Deutschland der Bundestag. Auch bei diesen beiden Wahlen wird mit Spannung beobachtet werden, wie stark die Rechtspopulisten abschneiden. Ein großer Erfolg von Wilders in den Niederlanden wäre vielerorts als Rückschlag für Europa gewertet worden.