Nach der Wahl : Mühsal in Athen
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Die Aussichten auf die Bildung einer starken, handlungsfähigen Regierung, die Griechenland aus dem Tal der Tränen führt, sind so hell nicht. Die europäische Orientierung des Landes und seiner Führer wird sich erst jetzt wirklich zeigen.
Nach der Wahl vor sechs Wochen waren die Griechen mit ihrem Latein bald am Ende; sie konnten keine Regierung bilden, es kam zu Neuwahlen. Dieses Mal ist die Lage nicht viel weniger kompliziert, nimmt man die Äußerungen maßgeblicher Politiker einmal zum Nennwert: Der Führer der siegreichen Nea Dimokratia, Samaras, will eine Regierung der nationalen Einheit auf möglichst breiter Basis; der Kämpfer wider die internationalen Sparauflagen, Tsipras, dessen Radikale Linke kräftig hinzugewonnen hat, will keine Regierungsverantwortung tragen, sondern den Protest organisieren - im Parlament und vor dem Parlament.
Und der frühere Finanzminister Venizelos, Anführer der weiter dezimierten Pasok, macht die Regierungsbeteiligung ebendieser Linksradikalen zur Bedingung seiner eigenen Mitwirkung. Die Aussichten auf die Bildung einer starken, geschlossenen, handlungsfähigen Regierung, welche Griechenland aus dem Tal der Tränen führt und dessen Transformation in Gang setzt, sind so hell nicht.
Solidarität gegen Sanierung und Reform
Überhaupt könnten manche Leute noch ihr blaues Wunder erleben, sollte der vermeintlich proeuropäische Konservative Samaras neuer Regierungschef werden. Er war schließlich derjenige, der während der Regierung Papandreou von Reformen wenig, von Sparen nichts wissen wollte. Dass sein Erfolg mit soviel Erleichterung aufgenommen wird, mutet fast komisch an. Er wird Nachverhandlungen wollen, und damit könnte nicht nur eine zeitliche Flexibilisierung gemeint sein, sondern auch Nachverhandeln in der Sache. Die internationalen Geber und die Europäer im Besonderen sollten für den Fall ihren Partnern in Athen noch einmal die Geschäftsbedingungen ihres Handels zur Kenntnis bringen: Solidarität gegen Sanierung und Reform. Da sollte es kein Missverständnis geben. Ohnehin ist schon viel zu viel Zeit verloren worden.
Es wird sich also zeigen, ob der Ausgang der Wahl tatsächlich eine so unzweideutig gute Nachricht für den Euro und die Eurozone ist, wie die Bundeskanzlerin meint. An den Märkten ist die anfängliche Begeisterung jedenfalls schnell verflogen; die Sorgen über Spanien drängten die Entwicklung in Griechenland am Montag an den Rand. Auch das ist ein Urteil über eine „Schicksalswahl“ an Europas südöstlicher Peripherie. Die europäische Orientierung des Landes - und insbesondere die seiner Führer - wird sich erst jetzt wirklich zeigen.