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Mai-Krawalle : „Feinde der Demokratie“

  • Aktualisiert am

Demonstranten haben am 1. Mai in Berlin Feuer gelegt. Bild: dpa

Die Randale und Angriffe auf Polizisten am 1. Mai werden einhellig verurteilt. In Berlin war die Lage erst gegen Mitternacht wieder weitgehend beruhigt. Die FDP kritisiert den Senat der Hauptstadt.

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          Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat die gewaltsamen Angriffe auf Polizisten am Samstagabend als „inakzeptabel“ verurteilt. Die Demonstrationen tagsüber verliefen hingegen nach Einschätzung der Polizei noch friedlich. Der überwiegende Teil der Demonstranten habe unter Beweis gestellt, dass man mit Hygienevorschriften, mit Masken und Abstand in Berlin demonstrieren könne, sagte Slowik.

          Bei der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demonstration in Berlin-Neukölln gingen nach Angaben der Polizei vom Samstag 8000 bis 10.000 Menschen auf die Straße. Die Versammlung sollte sich gegen Rassismus, Kapitalismus sowie die Mietenpolitik richten. Am Abend kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, es flogen Steine und Flaschen auf Einsatzkräfte. Randalierer zerrten Müllcontainer und Paletten auf die Straße und zündeten sie an, die Polizei setzte auch Pfefferspray ein und nahm einige Menschen fest. Der Protestzug linker und linksradikaler Gruppen wurde schließlich abgebrochen. Die Lage war nach Angaben der Polizei gegen Mitternacht wieder weitgehend beruhigt; es habe zwar hier und da noch kleinere Feuer gegeben, aber kein größeres „Einsatzgeschehen“ mehr.

          Krawall auch in Frankfurt und Hamburg

          Ab 22.00 Uhr galt auch in der Hauptstadt die nächtliche Ausgangssperre. Die Polizei habe die Menschen, die dann noch auf den Straßen unterwegs waren, angesprochen und aufgefordert, nach Hause zu gehen, sagte eine Polizeisprecherin. Wie viele Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten bei einem Verstoß gegen die Ausgangssperre erstattet wurden, stand bislang nicht fest.

          Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin geht von mehr als 50 verletzten Polizisten am 1. Mai in der Hauptstadt aus. Dabei gehe es keinesfalls nur um Leichtverletzte, drei Kollegen seien mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus gebracht worden, teilte die GdP am Sonntag mit. „Wir haben natürlich noch keine abschließenden Zahlen, aber angesichts der bereits bekannten mehr als 50 verletzten Kolleginnen und Kollegen sowie mehr als 250 Festnahmen wird schon deutlich, dass wir uns von einem friedlichen 1. Mai wieder weiter entfernt haben“, sagte der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Stephan Kelm.

          Der Berliner SPD-Innenexperte Tom Schreiber twitterte, Links- und Rechtsextremisten sei Covid-19 egal. Beide stünden für Hass auf und Gewalt gegen Polizisten. „Es sind Feinde der Demokratie.“ Die Demo-Organisatoren warfen der Polizei laut einer Mitteilung vor, es sei grundlos auf Demonstrierende eingeprügelt worden.

          Rangelei zwischen Polizisten und Demonstranten
          Rangelei zwischen Polizisten und Demonstranten : Bild: Reuters

          Die Berliner FDP-Fraktion kritisierte den Senat der Hauptstadt. „Gerade während der Corona-Pandemie wäre es umso einfacher gewesen, diesen schon fast folkloristischen – mit Gewaltbereitschaft gepaarten – Demonstrationen und Randalen in unserer Stadt einen Strich durch die Rechnung zu machen“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Paul Fresdorf, am Sonntag. „Klare Auflagen, konsequentes Handeln gegen Gewalttäter und keine Toleranz gegenüber Körperverletzung sowie Sachbeschädigung wären angebracht gewesen, ebenso wie ein entschiedenes Durchsetzen der Hygienebestimmungen und Abstandsregeln.“ Das sei jedoch nicht passiert. „Schon die Androhung von kriegsähnlichen Zuständen kann eine auf dem Rechtsstaat fußende Demokratie nicht hinnehmen. Das muss auch endlich dieser Senat begreifen und handeln“, sagte Fresdorf. Den Umstand, dass am Samstag in der Hauptstadt etwa 5600 Polizisten aus mehreren Bundesländern im Einsatz waren, kommentierte der FDP-Politiker mit den Worten: „Es wird endlich Zeit, dass wir die Berliner Polizei zukunftsfähig aufstellen und ohne Unterstützung aus anderen Bundesländern auch solche Großlagen in den Griff bekommen können.“

          Gewerkschafter Kelm sagte hingegen: „Dass es bei einem massiven Gewaltausbruch naturgemäß ein bisschen dauert, um die Lage auch wieder vollständig unter Kontrolle zu bringen, sollte jedem klar sein.“ Für die Einsatzkräfte sei es ein „Mammutprogramm“ gewesen, so Kelm. Die Polizei habe keine Kräfte mehr zur Ablösung in der Hinterhand gehabt.

          Auch in anderen Städten gab es am 1. Mai Demonstrationen mit teils gewaltsamen Aktionen. In Hamburg versammelten sich mehrere hundert Menschen im Schanzenviertel, es wurden Böller gezündet. Die Beamten lösten die Versammlung auf, vereinzelt wurden Wasserwerfer gegen Blockierer eingesetzt. Bei einer Mai-Demonstration linker Gruppen in Frankfurt wurden mehrere Beamte nach Angaben der Polizei verletzt. Über die Zahl der Verletzten unter den Demonstranten war zunächst nichts bekannt. Mindestens zwei von ihnen mussten am Samstagabend notärztlich versorgt werden. Über den Kurznachrichtendienst Twitter bestritt die Einsatzleitung Vorwürfe, dass Einsatzkräfte dafür verantwortlich gewesen seien. Ein Sprecher teilte mit, dass es sich um medizinische Notfälle bei zwei Männern gehandelt habe.

          Löscharbeiten der Berliner Feuerwehr
          Löscharbeiten der Berliner Feuerwehr : Bild: dpa

          Aus dem Demonstrationszug seien Feuerwerkskörper und Nebeltöpfe geworfen worden, berichtete ein Polizeisprecher. Auch seien Beamte mit Flaschen und Steinen angegriffen worden. Es habe daher Festnahmen gegeben. Später wurde auch ein Wasserwerfer eingesetzt, um eine Sitzblockade einer Gruppe aus etwa 20 Personen aufzulösen, nachdem die Polizei die Versammlung wegen des unfriedlichen Verlaufs für beendet erklärt hatte.

          Die Polizei sprach von mindestens 3000 Menschen, die sich zu einem „Tag der Wut“ zunächst auf dem Opernplatz versammelt hatten und danach durch das Bahnhofsviertel gezogen waren. Laut Zeugen waren nahezu alle Teilnehmenden vermummt und zunächst bemüht, die Corona-Regeln einzuhalten. Im Internet war auch zum „revolutionären 1. Mai“ aufgerufen worden. Die Veranstalter hatten den Behörden nur etwa 500 Teilnehmer angekündigt.

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