Wie bei Angela Merkel führte Elisabeth Bornes Weg an die Spitze der Regierung über das Umweltministerium. Die neue französische Regierungschefin steht vor der Herausforderung, Emmanuel Macrons Wahlversprechen einer „ökologischen Planwirtschaft“ zu erfüllen. Ihr Auftrag lautet, alle Regierungsentscheidungen dem Kampf gegen den Klimawandel unterzuordnen. Anders als Merkel verfügt Borne nicht über Wahlkreiserfahrung. Sie bewirbt sich bei den Wahlen im Juni in ihrer normannischen Heimat zum ersten Mal um die Wählergunst. Sie blickt nicht auf eine Parteikarriere zurück. Aufgrund ihrer zurückliegenden Arbeit für Sozialisten wie Premierminister Lionel Jospin und Umweltministerin Ségolène Royal wird sie als Sozialdemokratin eingestuft. Ihr Reformwille war oft stärker als ihr Streben nach sozialer Abfederung. Als Verkehrsministerin Macrons schaffte sie das Eisenbahnerstatut ab, das den Bediensteten der Staatsbahn jahrzehntelang einen frühen Ruhestand und materielle Vorteile garantierte. Die Arbeitsministerin zeichnete für Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung verantwortlich. Entschlossen kämpfte sie gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Ihre Bilanz kann sich sehen lassen. Die Zahl der Lehrstellen hat sich mehr als verdoppelt, die Arbeitslosenrate bei Franzosen unter 25 Jahren ist auf einem Tiefstand. Sie soll jetzt die Rentenreform stemmen, an der Macron in seiner ersten Amtszeit scheiterte.
In einer Rede zu ihrer Amtseinführung sprach Borne direkt „alle jungen Mädchen an, die ihren Träumen keine Grenzen setzen sollen“. Sie ist erst die zweite Frau, die in Frankreich die Regierungsgeschäfte führt. Ihre Vorgängerin Édith Cresson blieb 1991 nur elf Monate im Amt.