Libyen : Keine Schlüsselministerien für Islamisten
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Abdurrahman al Kib, der Ministerpräsident der Übergangsregierung, stellt sein Kabinett vor. Bild: dpa
Ministerpräsident Al Kib stellt in Libyen sein Kabinett aus Fachleuten vor. Liberale Säkularisten bekommen wichtige Ressorts. Islamisten werden weniger berücksichtigt.
Der neue libysche Ministerpräsident Abdurrahman al Kib hat sein Kabinett vorgestellt. Die wichtigsten Ressorts übernehmen Fachleute. Zum inneren Kreis gehören liberale Säkularisten und keine Islamisten. Kib hatte angekündigt, sein Kabinett aus 24 Ministern werde alle Regionen und ideologischen Strömungen des Landes vertreten. Die Vorstellung des Kabinetts hatte sich um zwei Tage verzögert, da es im Nationalen Übergangsrat Widerstand gegen einige Kandidaten gegeben hatte. Islamisten hatten das Verteidigungsministerium beansprucht. Überraschend bekam aber Osama al Dschuwali das Amt, der nicht als Islamist gilt.
Dschuwali ist der Kommandeur der Miliz von Zintan, die am vergangenen Wochenende im Grenzgebiet zu Niger erst Saif al Islam al Gaddafi, einen Sohn des getöteten Diktators, sowie dessen Geheimdienstchef Abdullah Senussi festgenommen hat. Am 21. August hatte die Miliz großen Anteil an der Eroberung von Tripolis. Dschuwali hat Saif al Islam ohne Hilfe der regulären Sicherheitskräfte festgesetzt, ihn in seine Heimatstadt in den Bergen südwestlich von Tripolis gebracht und sich danach geweigert, ihn der Zentralregierung auszuhändigen.
Neuer Innenminister ist Fauzi Abd al Aal, ein Mitglied des Nationalen Übergangsrats aus Misrata. Die Rebellen aus Misrata, das von allen libyschen Städten am meisten durch die Belagerung durch die Truppen Gaddafis gelitten hatte, beanspruchen im Aufbau des neuen Libyens eine führende Rolle. Ibrahim Dabbaschi wird Außenminister. Er hatte Gaddafi zuletzt als stellvertretender Botschafter bei den Vereinten Nationen gedient. Bereits wenige Tage nach dem Beginn der Erhebung gegen das Regime schloss er sich aber den Rebellen an und nannte Gaddafi einen „Verrückten“.
Finanzminister Ali Tarhuni ist im inneren Kreis der neuen Regierung der einzige Minister aus dem Kabinett des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mahmud Dschibril, der sein Ressort behält. Der Wirtschaftsprofessor hat mehrere Jahrzehnte lang an amerikanischen Universitäten gelehrt. In den ersten schwierigen Monaten des Übergangsrats hatte er die Verteilung der knappen Finanzen geregelt. Tarhuni hatte Ende Oktober für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert, war aber al Kib unterlegen. Neuer Ölminister ist Hassan Zighlam, der bereits unter Gaddafi leitende Aufgaben in libyschen Ölunternehmen bekleidet hatte.
„Kompetenz zählt, nicht politischer Hintergrund“
Der Übergangsrat hatte am 23. Oktober ganz Libyen für befreit erklärt und dann al Kib zum Ministerpräsidenten gewählt. Dieser versprach nun, bei der Auswahl seiner Minister habe nur die Kompetenz, nicht aber der politische Hintergrund eine Rolle gespielt. Die neue Regierung muss zunächst Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung vorbereiten, die im kommenden Juni abgehalten werden sollen. Die größte Herausforderungen werden sein, die Strömungen im Übergangsrat und in der Regierung zusammenzuführen und dem neuen Staat das Gewaltmonopol zu sichern.
Dazu muss die Regierung die zahlreichen autonom agierenden Milizen in die neue Armee und die neue Polizei integrieren. Gaddafi hatte die Armee aus Furcht vor einem Putsch schwach gehalten und sich auf Brigaden verlassen, die von seinen Söhnen befehligt wurden. Eine ihrer ersten Bewährungsproben hatte die neue Armee, als sie vor zehn Tagen im Ort Maya westlich von Tripolis zwei rivalisierende Milizen, die um eine Kaserne kämpften, trennte und dann deren Straßensperren auflöste.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, ist am Dienstag in Tripolis eingetroffen. Er will mit der Regierung über die Gerichtsverfahren gegen Saif al Islam al Gaddafi und Abdullah Senussi sprechen. Das Haager Tribunal hat gegen beide wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit internationale Haftbefehle ausgestellt. Libyen will den Festgenommenen jedoch im eigenen Land den Prozess machen.