Kommentar : Der Bankrottverhinderer
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Aus der Misere findet Griechenland nur heraus, wenn sich die maßgeblichen Kräfte zu einer großen nationalen Anstrengung zusammenschließen. Der Ausgangspunkt für den designierten Ministerpräsidenten Papademos könnte schlechter nicht sein.
Das Ausmaß der Aufgabe ist gewaltig: Im kommenden Jahr, schätzt die EU-Kommission, werde die griechische Staatsverschuldung bei knapp zweihundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Weil man sich das eigentlich nicht vorstellen kann, braucht man sich auch nicht darüber zu wundern, warum es nach Papandreous Verzichtsankündigung so lange gedauert hat, bis in Athen ein neuer Ministerpräsident gefunden wurde.
Es spricht für die staatsmännische Haltung Lucas Papademos', dass er sich nicht hat abschrecken lassen von der schieren Höhe des Konsolidierungsbedarfs, sondern eingewilligt hat, eine Regierung des Übergangs zu führen - eine Regierung, die den Staatsbankrott vermeiden, der Bevölkerung Vertrauen, der Wirtschaft wieder Halt geben soll. Um im Bild zu bleiben: Welche Herkules-Aufgabe!
Hat sich der frühere Vizepräsident der EZB auf eine Himmelfahrtsmission eingelassen? Die Verbitterung der Wähler und der allgemeine Zustand des griechischen Gemeinwesens legen es nahe, die Fragen zu bejahen. Das Gebaren der beiden großen Parteien, der Sozialisten und der Nea Dimokratia, in den vergangenen Tagen wie ganz generell stimmt einen nicht hoffnungsfroh, dass die Verabredungen mit den Kreditgebern des Landes wirklich erfüllt und notwendige radikale Strukturreformen auf den Weg gebracht werden.
Am liebsten nur als Aushängeschild benutzt
Am liebsten hätten sie Papademos gar keine Prokura ausgestellt, sondern ihn nur als Aushängeschild benutzt, um Athens Partner zu beruhigen. Die große Oppositionspartei unter Samaras hat bisher wenig bis keine staatspolitische Verantwortung bewiesen, dafür die eigene Mitschuld an der griechischen Misere geleugnet und an der Legende gestrickt, das Ausland verletzte die Würde des griechischen Volkes. Nur zur Erinnerung: Es war Griechenland, das Zahlen gefälscht und seinen Euro-Beitritt erschwindelt hat.
Aus der Misere findet das Land deshalb nur heraus, wenn es der Wirklichkeit ins Auge sieht, wenn sich die maßgeblichen Kräfte zu einer großen nationalen Anstrengung zusammenschließen. Vielleicht gelingt es dem Technokraten Papademos ja, anders als dem letztlich gescheiterten Papandreou, einen Anfang zu machen, auf dem später aufgebaut werden kann. Der Ausgangspunkt könnte schlechter nicht sein: Die Arbeitslosigkeit ist auf einem neuen Höchststand, und Europa droht eine Rezession. Die Stimmung ist, passend zur Saison, düster.