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Klimawandel : Einig in der Sorge

Unbestellbares Maisfeld in Kenia: Viele Menschen auf der Südhalbkugel sind von den Folgen des Klimawandels längst betroffen. Bild: dpa

In einer weltweiten Umfrage glaubt in 39 von 40 Staaten die Mehrheit der Bürger, dass sie noch persönlich von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden.

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          Ginge es nach den Bürgern, stünden die Chancen gut, dass die Staaten der Welt beim anstehenden Klimagipfel in Paris tatsächlich verbindliche Klimaziele beschließen. In vier Wochen wollen die Vertreter von 193 Staaten in der französischen Hauptstadt zusammenkommen, um einen Vertrag zur Verringerung des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen zu verhandeln.

          Alexander Haneke
          Redakteur in der Politik.

          Nun haben Meinungsforscher des Pew Research Centers in Washington ermittelt, dass es drei Viertel der Menschen weltweit unterstützen würden, wenn sich ihr Land einem verbindlichen Klimaabkommen unterwerfen und seine Treibhausgasemissionen begrenzen würde.

          Für die Studie, die dieser Zeitung vorliegt, befragten die Forscher von März bis Mai 2015 insgesamt über 45.000 Menschen in 40 Ländern. Dabei wurde deutlich, dass sogar in den Vereinigten Staaten, in China und in Indien, also den Staaten, die sich einem bindenden Abkommen bisher am heftigsten widersetzten, mehr als zwei Drittel der Menschen hinter weltweit verbindlichen Klimazielen stehen, für die auch ihr Land den Ausstoß begrenzen müsste. Ähnlich steht es mit der Ansicht, dass es sich beim Klimawandel um ein ernstes Problem handelt. Weltweit glauben das 85 Prozent der Menschen, 54 Prozent sehen das Problem als „sehr ernst“ an.

          Doch an den Ergebnissen der Umfragen des Pew Research Centers zeigt sich auch, dass die Sorge vor den Folgen des Klimawandels von Land zu Land stark variiert: Gerade in den Ländern, die besonders viele Treibhausgase ausstoßen, ist sie auffallend gering. So gaben in den Vereinigten Staaten nur 45 Prozent der Befragten an, dass der Klimawandel ein sehr ernstes Problem sei, in China waren es sogar nur 18 Prozent.

          Sorge ist auf der Südhalbkugel am größten

          Am größten ist die Sorge um das Weltklima und die Folgen der Veränderung indes nicht in den westlichen Industrienationen, sondern in Südamerika und Afrika. In Brasilien, dem Land mit den größten Regenwaldvorkommen, sehen 86 Prozent der Menschen den Klimawandel als „sehr ernstes Problem“ an, in Afrika sind es im Schnitt knapp zwei Drittel der Befragten, in Burkina Faso und Uganda sogar deutlich über 70 Prozent.

          Die Menschen haben die möglichen Folgen hier konkret vor Augen: Beide Länder leiden immer wieder unter schweren Überschwemmungen, Burkina Faso auch unter der fortschreitenden Ausbreitung der Sahara. In Europa, weit weg von solchen Problemen, wird die Lage dagegen nur von gut der Hälfte der Menschen als sehr ernst angesehen.

          Doch für die Menschen weltweit ist der Klimawandel nicht mehr nur eine Bedrohung in ferner Zukunft. Gut die Hälfte der Befragten glaubt, dass die menschgemachte Erderwärmung schon jetzt Schäden anrichtet. Weitere 28 Prozent sehen die Konsequenzen jedenfalls in den nächsten Jahren kommen.

          Ausnahme Großbritannien

          Auch hier sind die Zahlen in Südamerika und Afrika mit Abstand am höchsten, gefolgt von Asien, wo die Sorge vor allem auf den Philippinen, in Indien und Vietnam besonders groß ist. In 39 der 40 Staaten, die in die Erhebung eingeschlossen waren, glaubt die Mehrheit, dass sie selbst noch zu Lebzeiten von den Folgen der Klimaveränderung persönlich betroffen sein werden. Die einzige Ausnahme: Großbritannien.

          Entgegen der hierzulande verbreiteten Wahrnehmung, die größte Gefahr durch den Klimawandel sei ein steigender Meeresspiegel, herrscht den meisten Ländern der Welt eindeutig die Sorge vor Dürren vor, gefolgt von extremen Wetterlagen im Allgemeinen und großer Hitze. Die abstraktere Gefahr eines Abschmelzens der Polkappen wird fast nur in den industriell weit entwickelten Staaten als Bedrohung gesehen. Hier leben auch weit weniger Menschen unmittelbar von der Landwirtschaft, Wetterextremen betreffen sie selten existentiell.

          Interessant für die Regierungen ist auch, dass gut zwei Drittel der Befragten weltweit einsehen, ihren Lebenswandel ändern zu müssen, um die Folgen des Klimawandels zumindest abzudämpfen. Nur 22 Prozent glauben, die Probleme ließen sich durch neue Technologie lösen. Die Amerikaner liegen hier genau im weltweiten Mittel, während die Überzeugung, selbst etwas beitragen zu müssen, ebenfalls in Südamerika am weitesten verbreitet ist.

          Gute Neuigkeiten vom UN-Klimasekretariat

          In Europa führt Frankreich die Statistik mit 83 Prozent vor Spanien. In Deutschland halten immerhin drei Viertel der Menschen einen persönlichen Beitrag für nötig. In Polen sind es nur knapp die Hälfte. Nicht beantworten können die Meinungsforscher freilich die Frage, wie viele Menschen dieser Einsicht auch ein Tun folgen lassen würden.

          Genauso ist offen, zu welchen Einschnitten die Menschen für ein verbindliches Klimaabkommen tatsächlich bereit wären. Für den anstehenden Weltklimagipfel in Paris gab es zumindest in der vergangenen Woche gute Neuigkeiten vom UN-Klimasekretariat: Alle Industriestaaten und drei Viertel aller Schwellen- und Entwicklungsländer hätten inzwischen nationale Klimaziele für die Verhandlungen eingereicht, hieß es dort.

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