Klima-Gipfel in Doha : Die Karawane schlurft weiter
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Aufmerksam: Bundesumweltminister Altmaier und der qatarische Konferenzpräsident am Samstag in Doha Bild: dapd
Ein unbefriedigendes Ergebnis steht am Ende des Klimagipfels in Doha. Viele sehen die Kompromisse kritisch, aber die Klimaverhandlungen gehen weiter.
Der zweiwöchige Weltklimagipfel in Doha, Qatar, ist nach einem Tag Verlängerung am Wochenende mit einem Paket von Kompromissen zu Ende gegangen. Dadurch wurde die Fortsetzung der Klimaverhandlungen sichergestellt. Das Ergebnis wird aber von Umweltverbänden, Kirchen, Menschenrechtsgruppen und Parteien als unzureichend kritisiert. Insbesondere das Ziel, die globale Erwärmung langfristig auf unter zwei Grad zu begrenzen, wird angezweifelt. Der ehemalige Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, wertet dagegen – wie auch Bundesumweltminister Peter Altmaier – die schwierigen Verhandlungen als Erfolg. „Doha ist schon deshalb ein Erfolg, weil der Kollaps des mühsamen Prozesses in Richtung eines neuen Weltklimaabkommens 2015 verhindert wurde. Die Klima-Karawane zieht tatsächlich weiter – auf schlurfenden Dromedaren“, sagte Schellnhuber, der heute Berater von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist, gegenüber dieser Zeitung.
Die Abschlusssitzung der UN-Konferenz mit rund 200 Staaten wurde am Samstagmittag trotz heftiger Einwände insbesondere der russischen Delegation von Qatars ehemaligem Energieminister Abdullah Bin Hamad al-Attija, der den Gipfel leitete, ohne langwierige Debatten zum Ende gebracht. Kernpunkt des Kompromisspakets ist die Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis zum Jahr 2020. Dem einzigen bisher rechtsverbindlichen Abkommen zur Reduktion von Treibhausgasen haben sich nicht einmal drei Dutzend Industrieländer angeschlossen, die Vereinigten Staaten, Kanada und China fehlen.
Anhaltender Streit um Gelder
Lediglich 15 Prozent der globalen Kohlendioxidemissionen sind damit erfasst. Der Ausstoß von Treibhausgasen vor allem aus Verkehr und Kraftwerken hat zuletzt nicht etwa ab-, sondern um drei bis vier Prozent jährlich zugenommen. Aus diesem Grund ist der Druck auf die bis zu 17000 Delegierten in Doha von Tag zu Tag gewachsen, ein Scheitern der Verhandlungen zu verhindern. Der Streit um Ausgleichszahlungen für Klimaschäden und Hilfsgelder für Entwicklungsländer, die sich aufgrund früherer Zusagen insgesamt auf 100 Milliarden Dollar belaufen sollen, lähmte tagelang die Ministerrunde. Die Länder der Europäischen Union sagten 6,2 Milliarden zu, doch die Vereinigten Staaten und andere Staaten sorgten dafür, dass die strittigen Finanzfragen auf eine der nächsten Verhandlungsrunden verschoben wurden.
Polen, Gastgeber des Klimagipfels im kommenden Jahr, hatte noch am Verlängerungstag die europäischen Delegationen in einen Streit verwickelt und die Kyoto-Verlängerung gefährdet. Ihnen ging es wie Russland am Ende darum, dass die Treibhausgas-Reduktionen, die durch den Niedergang der Wirtschaft im Osten verursacht wurden, für die nächste Kyoto-Periode gutgeschrieben werden sollten. China und andere Entwicklungsländer machten dagegen die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls zur Bedingung für einen neuen weltweiten Klimavertrag, der bereits in Durban, Südafrika, vor einem Jahr als Verhandlungsziel bis 2015 vereinbart worden war. Der Vertrag soll erstmals auch die Emissionen großer Schwellenländer wie China und Brasilien berücksichtigen und vor allem auch die Vereinigten Staaten mit einschließen.
Klima muss Chefsache werden
Nur wenn die Kohlendioxid-Emissionen ab 2020 sukzessive zurückgehen, wird es nach wissenschaftlichen Berechnungen möglich sein, die Erwärmung auf lange Sicht auf zwei Grad zu begrenzen. Doha hat kaum etwas in diese Richtung bewegt. Nach den besten Schätzungen steuert die Welt auf mehr als drei Grad Erwärmung im Mittel zu. Trotzdem bleibt Schellnhuber zuversichtlich: „Die zwei Grad sind zu halten, allerdings wird es jedes Jahr teurer.“
Nach einer unabhängigen Analyse, die unmittelbar nach den Vereinbarungen von Doha im „Climate Action Tracker“ veröffentlicht wurde, steuert das Weltklima derzeit auf eine Erwärmung von mindestens drei Grad zu. Weniger Hoffnung als auf das Kyoto-Protokoll setzen die Klimaschützer deshalb auf den umfassenderen Klimavertrag, der ab 2020 in Kraft treten soll. Allerdings, so Schellnhuber, sollten die dazu notwendigen harten Verhandlungen nicht mehr nur auf Ministerebene geführt werden: „Das Marionettentheater der jährlichen Vertragsstaatenkonferenzen stößt für alle ersichtlich an seine Grenzen. So wie Krieg oder Frieden muss die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ganzer Regionen Chefsache werden – Verhandlungen auf Ministerniveau sind völlig unangemessen.“ Der Weltklimavertrag 2015 müsse von den Regierungschefs der wichtigsten Länder direkt verantwortet werden.