Papst-Reise : Petrus bei Andreas
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Benedikt und Bartholomäus beschwören eine zukünftige Einheit aller christlicher Kirchen Bild: dpa
Andreas war der Ältere und der erstberufene Apostel. In Byzanz, dem späteren Konstantinopel, gründete er einen Bischofssitz. In Rom wurde Petrus, sein jüngerer Bruder, der erste Bischof. Am Mittwoch besuchte der Nachfolger Petri den Nachfolger des Andreas.
„Petrus besucht Andreas.“ Mit diesen Worten hatte 1979 Papst Johannes Paul II. seine Pastoralvisite beim Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. angekündigt. Erstmals nahm am 30. November 1979, dem Namenstag des Andreas, ein Papst in der Patriarchatskirche an einer Liturgie teil. Benedikt XVI. ist an diesem Donnerstag der zweite Papst, dem auf Einladung des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. diese Ehre zuteil wird.

Redakteur in der Politik.
Es sei wichtig, daß Petrus den Andreas besuche, sagt Pater Dositheos Anagnostopoulos, der Sprecher des Patriarchen. Verfeindete Brüder dürfe es im Christentum nicht geben. Im Jahr 1054 hatten Rom und Konstantinopel alle Bande gekappt. Eine fast tausendjährige Sprachlosigkeit setzte ein. Sie endete erst am 7. Dezember 1965, dem vorletzten Tag des Zweiten Vatikanischen Konzils, als Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras die Anathemata aufhoben, den gegenseitigen Bann.
Gemeinsames Erbe
Den Geist der Ökumene beschwört auch Bischof Brian Farrell, der Sekretär des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen. Die Pilgerreise des Papstes diene der Heilung der Teilung von Ost und West, der Heilung auch der Wunden der Vergangenheit. Den Besuch des Papstes sieht er als Teil einer spirituellen Reise der beiden Kirchen und des gegenseitigen Wiederentdeckens. Bis 1054 habe man ja ein gemeinsames Erbe.
Der Patriarch und der Papst kennen sich. Als der Patriarch noch Dimitrios Archondonis hieß und Anfang der sechziger Jahre drei Semester in München studierte, war Joseph Ratzinger dort Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie. Später trafen sie sich immer wieder, zuletzt bei der Beerdigung Johannes Pauls II., als der damalige Kardinal Ratzinger den Patriarchen in dessen Hotel besuchte.
Gesten der Versöhnung
Für die Gesten Johannes Pauls II. hatte man am Patriarchat großen Respekt - etwa als er zum Andreasfest 2004 die Reliquien der heiligen Gregor (329 bis 390) und Johannes Chrysostomos (347 bis 407) an den Ort zurückbringen ließ, von dem sie die Ritter des Vierten Kreuzzugs 1204 nach Rom mitgenommen hatten. 800 Jahre waren seit der Plünderung Konstantinopels vergangen und 40 Jahre seit dem Treffen von Patriarch Athenagoras und Papst Paul VI. am Ölberg in Jerusalem. Nun haben die Reliquien in der Patriarchatskirche St. Georg ihre Ruhestätte gefunden.
Das Patriarchat setzt große Hoffnung auf den neuen Papst, daß er den Dialog vorantreibt. Um die Sprachlosigkeit zu überwinden, brauche man einen großen Theologen wie Ratzinger, sagt Anagnostopoulos. Benedikt sei es zuzutrauen, daß er im Rahmen der Enzyklika „Et unum sint“ aus dem Jahr 1995, die den Wunsch nach der Einheit aller Christen ausdrückt, die orthodoxen Kirchen und deren Ehrenoberhaupt, den Ökumenischen Patriarchen, als Symbol der Einheit akzeptiere, sagt Felix Körner, ein in Ankara lebender deutscher Jesuit.
Hohe Erwartungen
Die orthodoxen Erwartungen an Benedikt sind auch deshalb hoch, weil er als Theologe stets Hochachtung für die orthodoxe Liturgie gezeigt und bekundet habe, das Abendland wolle von der Liturgie der Orthodoxie lernen. Daß im diesjährigen Verzeichnis „Annuario Pontificio“ von den zahlreichen Würdentiteln des Papstes, zu denen Bischof von Rom und Stellvertreter Christi gehören, jener des „Patriarchen des Abendlands“ gestrichen wurde, wirft gleichwohl einen Schatten auf den Besuch. Als „hoch unglücklich“ bezeichnet Anagnostopoulos diesen Schritt. Diesen Titel des Papstes hatte die Orthodoxie anerkannt. „Ernste Schwierigkeiten“ habe die Orthodoxie mit anderen Titeln, etwa dem „Stellvertreter Christi“ oder dem „Obersten Hirten der universalen Kirche“.