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Jasper von Altenbockum (kum.)

Kindergrundsicherung : Über das Ziel hinausgeschossen

Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand wirft einen Schatten auf eine mit bunten Handabdrücken bemalte Wand einer Kindertagesstätte in München. Bild: dpa

Berlin macht es mit der Kindergrundsicherung so wie die Länder, in denen die Kitagebühren abgeschafft wurden: Sozialpolitik als Geldautomat, der den Mut für Schwerpunkte ersetzt.

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          Wenn jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut lebt, die Hälfte davon in Haushalten mit erwerbstätigen Eltern, ist je­de Regierung vor Kritik gefeit, die daran etwas ändern möchte. Die Am­pelkoalition verbucht dieses Vor­haben zudem als Reparatur der Versäumnisse, die sich die große Koalition habe zuschulden kommen lassen.

          Allerdings war die nicht untätig. Was die Koalition jetzt vorhat, von allem ein bisschen mehr, vor allem aber für die Familien ohne oder mit niedrigem Einkommen, das war auch schon die Richtschnur ihrer schwarz-roten Vorgängerin.

          Tatsächlich war es aber ein Versäumnis, aus dem Gestrüpp vieler Familien-, Schüler- und Kinderförderungen keinen überschaubaren, leicht begehbaren und unbürokratischen Weg zu machen.

          Wer Anträge klären, Hotlines benutzen, Nachfragen stellen will, der weiß, dass Warteschleifen durchaus Monate in Anspruch nehmen können. Viele Familien verzichten deshalb oder geben auf, obwohl sie das Geld dringend brauchen.

          Kinder nicht als Armutsrisiko wahrnehmen

          Da­ran etwas ändern zu wollen ist ein Motiv der Kindergrundsicherung, das nur zu begrüßen ist. Wer Kinder hat, soll sie nicht als Armutsrisiko wahrnehmen müssen, schon gar nicht aus bürokratischen Gründen.

          Die Ampelkoalition belässt es aber nicht dabei. Noch jede Sozialleistung, die sie (und die große Koalition) auf den Weg gebracht hat, ist weit über das Ziel hinausgeschossen. In diesem Fall brüstet sich die Koalition damit, dass das Kindergeld und der neue Zusatzbetrag um einen zweistelligen Milliardenbetrag ausgeweitet werden.

          Das geschieht zu einem Zeitpunkt, da die Koalition und die Ministerpräsidenten noch nicht wissen, wie sie die Ganztagsbetreuung finanzieren sollen und woher das Personal für Kitas, Schulen und Behörden kommen soll. Eine kluge Umverteilung hätte die Koalition nicht in die Verlegenheit gebracht, noch mehr Geld auszugeben, das sie nicht hat.

          Berlin macht es aber so wie die Länder, in denen die Kitagebühren abgeschafft wurden: So­zialpolitik als Geldautomat, der den Mut für Schwerpunkte ersetzt.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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