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Begräbnis in Speyer : Kein deutscher Staatsakt für Helmut Kohl

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Außer dem europäischen Trauerakt wird es keinen Staatsakt für Helmut Kohl in Deutschland geben. Gründe für diesen Wunsch sind wohl auch alte Kränkungen.

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          Für den verstorbenen früheren Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wird es keinen Staatsakt in Deutschland geben. Auf Wunsch der Witwe des Verstorbenen werde es nach dem geplanten europäischen Trauerakt lediglich ein „staatliches Trauerzeremoniell“ in Deutschland geben, teilten das Bundespräsidialamt und das Bundesinnenministerium am Dienstagabend in Berlin mit. Der Europäische Trauerakt findet erstmals in der Geschichte der EU statt.

          Seine letzte Ruhestätte wird Helmut Kohl auf einem Friedhof in Speyer finden und nicht im Familiengrab in Ludwigshafen. Das entspreche Kohls Wunsch, sagte der langjährige Vertraute Kohls, der frühere „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin in Rücksprache mit der Witwe Maike Kohl-Richter. Der geplante europäische Trauerakt in Straßburg wird am 1. Juli stattfinden, direkt danach ist eine Totenmesse im Speyerer Dom geplant.

          Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ wollen bei dem Trauerakt im Europaparlament außer Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auch alte Weggefährten sprechen. Dem Bericht zufolge sind auch der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton und der frühere spanische Ministerpräsident Felipe González als Redner vorgesehen. Beide waren Kohl über viele Jahre hinweg politisch verbunden.

          Merkel würdigt Kohl vor Unionsfraktion

          Merkel sprach am Dienstag in einer Sitzung der Unionsfraktion, in der Kohls Leistungen gedacht wurde, nach Angaben von Teilnehmern von einem „großen Leben“ ihres Vorgängers. Deutsche und europäische Einheit seien für ihn zwei Seiten einer Medaille gewesen. Kohl habe immer nach vorne geschaut. So sei seine Prophezeiung von blühenden Landschaften im Osten Deutschlands trotz der von vielen geäußerten Zweifel eingetreten.

          Diekmann sagte über die geplante Beerdigung Kohls auf dem Friedhof in Speyer: „Er hat dies gemeinsam mit seiner Frau im Spätsommer 2015 entschieden, als es gesundheitlich wieder einmal sehr kritisch um ihn stand.“ Die Entscheidung zeige die seit der Kindheit bestehende Verbundenheit des früheren Bundeskanzlers und CDU-Chefs mit Speyer und dem dortigen Dom.

          Kohl war am Freitag im Alter von 87 Jahren nach langer Krankheit in seinem Haus in Ludwigshafen gestorben. Seine letzte Ruhestätte soll er auf einem Friedhof finden, auf dem die Mitglieder des Domkapitels beigesetzt werden. Er befindet sich auf dem Gelände des alten Friedhofs der Stadt, nimmt aber nur einen Teil davon ein. Auf dem anderen Teil befindet sich der Konrad-Adenauer-Park.

          „Großartige Auszeichnung“

          Diekmann sagte, Kohls Grab werde auf dem eigentlich abgetrennten Gelände des Domkapitels sein, aber vom Adenauer-Park aus öffentlich zugänglich sein. Seine erste Frau Hannelore, die sich 2001 das Leben nahm, wurde im Familiengrab der Kohls im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim beigesetzt.

          Die Spitze der Unionsfraktion stellte sich hinter die Pläne für einen europäischen Trauerakt. Dies sei eine „großartige Auszeichnung für Helmut Kohl“, sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU). Er ergänzte: „Wir fühlen uns seinem Vermächtnis verpflichtet, uns um Europa zu kümmern.“

          Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), kündigte an, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) werde sich auch angesichts der Tatsache, dass es keinen eigenen deutschen Staatsakt für Kohl geben werde, am Donnerstag zu Beginn der Plenarsitzung über den Ex-Kanzler äußern.

          „Deutscher Europäer und europäischer Deutscher“

          Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung hatte sich eine vierköpfige Delegation aus Mitarbeitern des Bundespräsidialamtes und des Bundesinnenministeriums am Montag zu Gesprächen über die Trauermodalitäten im Wohnhaus Kohls in Ludwigshafen aufgehalten. Die Zeitung zitiert einen Vertrauten Kohls mit den Worten, es sei dessen Wunsch gewesen, „als deutscher Europäer und europäischer Deutscher seinen letzten Weg“ zu machen.

          Die „Bild“-Zeitung schrieb, für Kohls Entscheidung gegen einen deutschen Staatsakt habe es auch eine Rolle gespielt, wie die rot-grüne Nachfolge-Regierung unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder mit ihm umgegangen sei. Hintergrund sei die Affäre um vermeintlich gelöschte Akten des Kanzleramts („Bundeslöschtage“). Dabei ging es um den Vorwurf der 1998 neugewählten rot-grünen Regierung, kurz vor der Amtsübergabe seien Unterlagen im Kanzleramt unrechtmäßig gelöscht worden. Unter Schröder war damals der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) Kanzleramtschef.

          Mit einer parlamentarischen Gedenkstunde wird am Mittwoch (14.00 Uhr) auch im Landtag von Rheinland-Pfalz an den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl (CDU) erinnert. Dabei sollen unter anderem Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner sprechen. Kohl war von 1969 bis 1976 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und blieb seinem Heimatland bis zu seinem Tod eng verbunden.

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