Vor dem Nato-Gipfel : Wo Trump Deutschland abermals ins Fadenkreuz nehmen könnte
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Redeten zuletzt mehr über- statt miteinander: Merkel und Trump, hier beim G-7-Gipfel im Juni in Kanada. Bild: Reuters
Treibt Amerikas Präsident die Bundesregierung beim Thema Verteidigung vor sich her? Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz befürchtet genau das. Wie teuer die Alternative wäre, zeigt eine Studie. Auch die Kanzlerin äußert sich.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat die Bundesregierung massiv dafür kritisiert, zu wenig Geld für die Verteidigung auszugeben. Deutschland gerate so Gefahr, auf dem Nato-Gipfel kommende Woche in Brüssel abermals ins Fadenkreuz von Donald Trump zu geraten. Der amerikanische Präsident hatte das Gros der Bündnismitglieder wiederholt dafür scharf gerügt, die 2014 auf dem Nato-Gipfel in Wales gegebene Selbstverpflichtung zu verletzten, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Wehretat auszugeben.
„Es wäre schlau gewesen, wenn die Europäer, insbesondere die Deutschen, dieses Thema von der Agenda der strittigen Punkte genommen hätten“, sagte Ischinger der Zeitung „Die Welt“ in einem Interview. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten dazu seien vorhanden. Nun könne auf dem Gipfel der Eindruck entstehen, dass Trump Deutschland vor sich hertreibe. Dabei solle Deutschland schon aus Sorge um die eigene Sicherheit das Geld für die Verteidigung investieren. Der Bundesregierung warf Ischinger, ohne sie beim Namen zu nennen, Kindereien vor. „Wir sollten uns wie Erwachsene benehmen“, so der langjährige Botschafter.
Merkel: Geht um Ausrüstung, nicht um Aufrüstung
Würde die Bundesregierung tatsächlich versuchen, mittelfristig das Zwei-Prozent-Ziel zu erfüllen, müsste sie einer Studie der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zufolge deutlich mehr Geld ausgeben als bisher. Sollte es 2024 erreicht werden, müsste der Verteidigungshaushalt bis dahin jährlich um 6,8 Milliarden auf schließlich 85 Milliarden Euro wachsen.
Da sich die Militärausgaben an der Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten orientieren würde das zugleich bedeuten, dass Deutschland in absoluten Zahlen die größten Steigerungen vornehmen müsste. Zudem würde Deutschland sowohl Frankreich als auch Großbritannien überholen und damit den zweithöchsten Verteidigungshaushalt im transatlantischen Bündnis erhalten.
Bislang sieht die Bundesregierung vor, die Ausgaben im Verteidigungsbereich bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 veranschlagt 1,31 Prozent. Das sind umgerechnet 42,9 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren ist angesichts des erwarteten Wirtschaftswachstums damit zu rechnen, dass die Quote wieder leicht sinken wird.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannte sich am Samstagmorgen in ihrer wöchentlichen Videobotschaft dazu, die Verteidigungsausgaben zu steigern, ohne jedoch die Erreichung des Nato-Ziels zu nennen. „Eine gute Ausrüstung sind wir auch den vielen Soldatinnen und Soldaten schuldig, die sich für unsere Sicherheit einsetzen“, sagte sie. Bei der Bundeswehr gehe es „jetzt um Ausrüstung und nicht etwa um Aufrüstung.“