Zuschussrente : Merkel erwartet lange Debatte
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Die drohende Altersarmut soll laut Arbeitsministerin Ursula von der Leyen durch eine Aufstockung der Renten der Geringverdiener verhindert werden. Bild: dpa
Die Pläne von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, die Renten von Geringverdienern aufzustocken, stoßen abermals auf erheblichen Protest. Selbst Parteikollegen halten die Pläne für ungerecht. Die Kanzlerin rechnet mit einer langwierigen Diskussion.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist mit ihren Plänen, die Rente von Geringverdienern aufzustocken, abermals auf Widerstand in der Koalition gestoßen. Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn warnte vor einem Verstoß gegen das Gerechtigkeitsprinzip des Rentensystems. Wenn eine Gruppe in der Rente mehr erhalte, als sie eingezahlt habe, schaffe man eine Ungerechtigkeit, sagte Spahn.
Merkel: „Wir stehen in der Union vor einer langen Debatte“
Der Generalsekretär der FDP, Patrick Döring, kritisierte eine mögliche Umverteilung unter den Ruheständlern: „Eine Umverteilung innerhalb des gesetzlichen Rentenversicherungssystems unter den Beitragszahlern kann für uns Liberale nicht in frage kommen.“ Es müsse zwingend einen Zusammenhang zwischen bezahlten Beiträgen und den erwarteten Rentenzahlungen geben. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, warnte vor einer neuen Sozialleistung auf Kosten der Beitragszahler. Auf der Bundesdelegiertenversammlung der Senioren-Union sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sie rechne in dieser Frage mit einem langen Ringen. „Wir stehen in der Union vor einer langen Debatte, um die Probleme zu lösen.“ Es gehe darum, dass Ältere Sicherheit im Alter hätten und Jüngere dem Rentensystem weiter vertrauen könnten.
Frau von der Leyen hatte den Vorschlag gemacht, den Rentenanspruch von Ruheständlern mit einer „Zuschussrente“ auf 850 Euro aufzustocken. Bedingungen für den Erhalt des Zuschusses sollen 40 Versicherungsjahre, 30 Beitragsjahre sowie eine private Altersvorsorge sein. Am Wochenende hatte die Ministerin ihre Pläne mit Berechnungen zur drohenden Altersarmut untermauert. Danach erhält ein Arbeitnehmer mit einem Monatslohn von 1900 Euro nach 35 Jahren im Beruf nur eine Nettorente von 620 Euro. Die Deutsche Rentenversicherung Bund kritisierte diese Rechnung. Die angenommene Lebensarbeitszeit sei mit 35 Jahren zu niedrig angesetzt. Bei einer Regelaltersgrenze von mehr als 65 Jahren blieben damit zehn Jahre des Erwerbslebens unberücksichtigt. Entsprechend höher seien die tatsächlichen Rentenansprüche der Ruheständler.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft kritisierte, die meisten Betroffenen hätten nichts von den Vorschlägen der Ministerin. Zuschussrenten seien der falsche Weg. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner sagte der „Saarbrücker Zeitung“, die Zuschussrente schaffe neue Ungerechtigkeiten, „weil viele Leute, die lange Vollzeit gearbeitet haben, am Ende auch nicht mehr Rente bekommen“. Die SPD-Führung will nächste Woche erstmals über den Entwurf ihres Rentenkonzepts beraten. Sie will an der Anhebung des Rentenalters festhalten.
Gegen Armut
Zuschussrente: Projekt der Arbeitsministerin von der Leyen. Sie will Leuten, die lange gearbeitet und für das Alter vorgesorgt haben, 850 Euro Rente garantieren. Anders als bei der Grundsicherung käme die Aufstockung aus der Rentenkasse. Wer 1900 Euro verdient, hat nach 35 Jahren einen Rentenanspruch von 523 Euro, wer 2500 Euro verdient, einen von 688 Euro. Beide erhielten die Differenz zu 850 Euro.
Grundsicherung: Sie wurde 2003 eingeführt. Wer älter als 65 Jahre ist oder wegen Erwerbsminderung dauerhaft nicht arbeiten kann, erhält diese steuerfinanzierte Leistung. Anders als beim Arbeitslosengeld II greift der Staat auf Verwandte zurück. Eigenes Vermögen muss vorher weitestgehend eingesetzt werden.
Sozialhilfe: Die alte Hilfe zum Lebensunterhalt hat enorm an Bedeutung verloren. Wer wegen einer Behinderung im Heim lebt und mit seiner Arbeit dort zu wenig verdient, erhält aus diesem Topf eine Unterstützung.
Arbeitslosengeld II (oder Hartz IV): Diese steuerfinanzierte Leistung erhält, wer zwischen 18 und 65 Jahre alt ist und eigentlich arbeiten könnte - plus alle, die mit ihm in einem Haushalt leben, also Partner und Kinder. (mas.)